Moers findet Benjamin Blümchen schädlich

  • Hallo zusammen!


    Folgnedes lief heutze über den Ticker:


    "München (AP) Der Schöpfer von «Käpt'n Blaubär» und der Comic-Figur «Kleines Arschloch», Walter Moers, hat extreme Ansichten über Gewaltdarstellungen in den Medien. Kinder sollten Gewalt im Fernsehen sehen dürfen, «und zwar mit so viel Blut, spritzendem Gehirn und realistischen Folgen, dass sie die nötige Angst davor bekommen», sagte der Bestseller-Autor dem Magazin «Playboy». Bedenklich finde er dagegen die Darstellung folgenloser Gewalt, bei der sich Leute «stundenlang in die Fresse schlagen, ohne einen Kratzer abzubekommen».


    Kinder sollten alles lesen können, was sie in die Finger kriegen könnten, sagte der Erfolgsautor. 80 Prozent der aktuellen Kinderbücher seien «verblödende Einlull-Literatur», die verboten gehöre. «Benjamin Blümchen» könne mehr Unheil in einem Kinderhirn anrichten als ein ordentlicher Horror-Roman, sagte Moers: «Unterforderung ist eine Form der Kindesmisshandlung, die weit grössere Langzeitschäden nach sich zieht als angenommen.»


    Moers war den Angaben zufolge vor dem Abitur von der Schule abgegangen und hatte sich mit Gelegenheitsjobs durchgebracht. Erst Mitte Zwanzig überlegte er sich, Zeichner zu werden. Mit der Erfindung der Comic-Figur «Kleines Arschloch» wurde er zu einem der erfolgreichsten Autoren Deutschlands."


    Was meint Ihr dazu?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo !


    Ja, kommt darauf an, wie alt das Kind ist, das Benjamin Blümchen hört (kann man das auch lesen ?). Mit 10 Jahren würde ich das schon für bedenklich halten ...


    Das mit der Gewalt halte ich lediglich für eine provozierende These, Herr Moers muß vielleicht wieder ins Gespräch kommen um ein paar Comics abzusetzten ?!



    LG von Steffi

  • Du meine Güte! Benjamin Blümchen gefährlich?!? Nee...


    Ich oute mich hier jetzt einfach mal, denn schon seit Kindertagen bin ich Fan von Kinderliteratur/Hörspielen und bin es bis heute geblieben. Abends vor dem Einschlafen höre ich oft Bibi Blocksberg :breitgrins: .


    Es sind wunderschöne Geschichten über Freundschaft und Zusammenhalt. Auch das Thema Zivilcourage ist kindgerecht in diese Geschichten eingebettet.


    Walter Moers fand ich bis jetzt als Autor sehr unterhaltsam. Jetzt ist er mir ein Stück ferner...


    Klar müssen auch Kinder mit dem Thema Gewalt und auch deren Folgen konfrontiert werden, aber dem jeweiligen Alter gerecht. Wir sollten unseren Kindern aber auch die Welt zeigen wie sie viel zu selten ist - und wie sie sein müsste.


    Was ist die Zukunft wert, ohne Träume von einer besseren Welt? Nur mit Realismus kommen wir nicht weiter.


    Zu schade, dass diese PR-Aktion (und das war zweifellos eine) sein musste :grmpf: :rollen: ...


    SchoFlo, die sich Kinder mit Träumen wünscht und selbst träumt :schmetterling:

    Ich will es endlich mit den Klassikern aufnehmen!

  • Hallo Schokoflocke,


    Du hast mir so aus dem Herzen gesprochen, dass ich eigentlich nichts weiteres zu diesem Thema schreiben will. Vielen Dank für Deinen Beitrag und liebe Grüße :schmetterling:


    Hubert

  • Hallo,


    vielen Dank für den sehr interessanten Beitrag. Und nun muss ich mich schon wieder ein bißchen ausgrenzen von den Meinungen hier. Sicher ist es so, dass Moer das aus Effekthascherei so überspitzt ausgedrückt hat - doch er steht mit seiner Meinung nicht alleine da. Martin Auer, ein bekannter Kinderbuchautor, hat geschrieben:


    <i>Aber was hat das nun zu bedeuten? Kinderbücher zeigen die Welt so, wie KinderbuchautorInnen meinen, daß den Kindern die Welt gezeigt werden soll. Na klar, wie denn sonst. Und die Kinder wissen das natürlich. Sie vergleichen das, was sie lesen, mit der Welt, die sie kennen, mit dem, was in anderen Büchern steht, mit dem, was sie im Fernsehen sehen. Sie vergleichen das, was sie aus Kindermedien erfahren, mit dem, was Erwachsenenmedien den Erwachsenen erzählen. Sie spüren die Ungereimtheiten und Lügen auf. Sie schaffen sich ihr eigenes Weltbild. So gut sie halt können.


    Es ist also sicher nicht so, daß schlechte Kinderbücher den Kindern ein falsches Weltbild vermitteln, gute Kinderbücher ein richtiges. Der ganze Vorgang ist viel komplexer. Schlechte Bücher schaden weniger, als man glaubt, und gute Bücher nützen weniger, als man glaubt. Zum Glück - Leider. </i>


    Das ist nur ein Auszug eines viel längeren Textes ("Dies und das zum Kinderbuch"). Den Rest könnt ihr im Sonderbericht über Kinderliteratur bei Literaturschock lesen.


    Ich würde also nicht so weit gehen, pauschal zu sagen "Moers hat damit ja absolut unrecht!" - ich selbst glaube auch, dass Kinder und Jugendliche eine gute Dosis Gewalt ertragen können, ohne Schaden zu nehmen. Mir persönlich haben diverse Horrorfilme und -romane in meiner Jugend (und Kinderzeit) nicht geschadet (zumindest, soweit ich das beurteilen kann). Ich bezweifle auch die Schädlichkeit von Computerspielen wie Counterstrike etc., das nach dem Unglück in Erfurt zensiert werden sollte. Ich glaube auch kaum, dass so ein Unglück geschehen konnte, weil der Amokläufer zu viele Horrorfilme gesehen hat. Nein, da muss schon was anderes in der Birne nicht stimmen. Und wenn das nicht stimmt, dann reicht es vermutlich schon, wenn er sich Nachrichten ansieht, um auszuticken.


    Allerdings muss ich zugeben, dass ich auch Benjamin Blümchen (und noch mehr Bibi Blocksberg) Kassetten anhörte und sie natürlich für genausowenig schädlich halte. Doch eine heile Lügen(Welt) wird den Kindern dort tatsächlich vorgespielt. Aber ich glaube auch, dass Kinder durchaus so intelligent sind, diesen Wahrheitsgehalt zu erkennen und von der Realität zu trennen. Das sind jedenfalls meine Erfahrungen mit Kindern.


    Bezüglich Horrorfilme hätte ich nur Bedenken, dass die Kinder in einem gewissen Alter Alpträume davon kriegen - nicht, dass sie später Schaden nehmen und Amok laufen. So pauschal lässt sich das nämlich für kein Kind sagen und die Mehrheit spricht doch dagegen. Ich kenne jedenfalls genug vernünftige Kinder und Jugendliche, die ohne weiteres mit etwas brutaleren Filmen klarkommen - und deshalb nicht Amok laufen.


    Liebe Grüße
    nimue

  • Hallo zusammen!


    Danke, nimue, für Deinen Beitrag. Du bist mir um 2 Minuten zuvorgekommen, und ich habe dann meinen ursprünglichen Text weggeschmissen.


    Ich möchte Dir eigentlich nur zustimmend beistimmen. Und vielleicht noch hinzufügen: Ich bin durchaus auch der Meinung, dass man 2- oder 3-Jährigen nicht unbedingt Horrorfilme oder Reportagen über verstümmelte Bürgerkriegsopfer in der Tagesschau zumuten soll. Aber Kinder ertragen viel mehr Gewalt, als wir wahrhaben wollen. (Die tägliche Gewalt der Eltern, selbst wenn sie nicht physisch ausgeübt wird, sei hier nur am Rande erwähnt.) Märchen, wie sie z.B. die Brüder Grimm herausgegeben haben, werden und wurden schon kleinen Kindern zugemutet. Und es soll mir keiner sagen, in diesen Märchen komme keine Gewalt vor... (Ich weiss, es gibt zarte Seelen, die ihren Kindern solche Märchen nicht zumuten wollen...)


    Grüsse


    Sandhofer


    PS. Schon Schopenhauer tadelte das 'argumentum ad personam' als nicht sehr feines Mittel, um in einer Diskussion Recht zu behalten...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo sandhofer,


    Zitat

    Ich bin durchaus auch der Meinung, dass man 2- oder 3-Jährigen nicht unbedingt Horrorfilme oder Reportagen über verstümmelte Bürgerkriegsopfer in der Tagesschau zumuten soll.


    Um Himmels willen! Das wollte ich damit natürlich auch nicht ausdrücken!


    Mir ist gerade noch ein weiteres Beispiel eingefallen: Tom & Jerry! Da wird der Kater doch ohne Ende verhackstückt und steht immer wieder auf. Aber ich bin auch der Meinung, dass manche Kinder mehr abhaben können als andere. Beispielsweise hatte ich bei unserer Kleinen (meine Mom spielt die Tagesmutter für eine 9jährige) Bedenken, sie Herr der Ringe ansehen zu lassen. Ihr Mutter sagte "Kein Problem" und die Kleine danach "Och, das war doch gar nicht so schlimm". Sie ist frech, wie jedes Kind in dem Alter, lügt hin und wieder und ist zickig, aber keine Spur von Amokabsichten ;-)


    Die Märchen der Gebrüder Grimm waren ja sowieso eigentlich Erwachsenenmärchen.


    Liebe Grüße
    nimue


    P.S.: Splatterhorrorfilmen kann ich selbst auch nichts abgewinnen (aber nur, weil ich die zu dämlich finde)

  • Hallo zusammen!
    Hallo nimue!


    "Um Himmels willen! Das wollte ich damit natürlich auch nicht ausdrücken!" - Keine Angst, ich hatte Dich auch nicht so verstanden...


    Dass Grimm usprünglich für Erwachsene war, stimmt natürlich schon. Wird und wurde aber trotzdem Kindern zugemutet. Wie z.B. auch 'Max und Moritz' von Busch. Oder der 'Struwwelpeter'. Ich war ziemlich klein, als ich die in die Finger gedrückt bekam... Und hab's durchaus als Horror empfunden. Eine pädagogische Absicht ist allerdings völlig an mir vorbeigegangen. Ausser vielleicht, dass ich für Benjamin Blümchen oder die Teletubbies tatsächlich absolut unempfänglich geworden bin. (Während ich die Augsburger Puppenkiste noch heute liebe...)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Was ich noch schreiben wollte, ich glaube es ist besonders wichtig bei der Erziehung Schwerpunkte zu setzen.


    Kinder sollten die Chance haben sich mit allem was ihnen früher oder später begegnet (also auch Gewalt, Rassismus und die Sorgen des Alltags) auseinander zu setzen. Es ist nicht gut, nur im "Wolkenkuckucksheim" zu leben, genauso wenig wie nur mit Gewalt und Co. vor Augen.
    Die Mischung macht´s eben.


    Ich denke ein Kind, dass nicht extra von Problemthemen ferngehalten wird, bekommt alles mal mit.


    Zu Verhaltens-/Differenzierungsproblemen kommt es nur, wenn wir Erwachsenen uns nicht die Mühe machen unseren Kindern zuzuhören und ihnen die Welt mit all ihren Seiten/Chancen zeigen,aber auch gedulig erklären.


    lg
    SchoFlo

    Ich will es endlich mit den Klassikern aufnehmen!

  • Hallo !


    Da sind wir uns ja alle ziemlich einig ! Ich denke, es kommt vor allem auch auf das Alter des Kindes an - und dass z.B. teletubbies ziemlich blöd sind, haben die Kleinen ganz schnell raus. Es ist natürlich in dem Alter wichtig, welche Vorbilder die Erwachsenen geben, wenn ich mich negativ über eine Sendung oder Buch äußere - oder positiv - werden die Kinder das in der Regel annehmen, sofern sie noch kleiner sind. Übrigens saß ich in Herr der Ringe neben einem 8 - oder 9 - jährigen Jungen, der konnte vor Aufregung kaum atmen und wandte den Blick nicht von der Leinwand, ganz angespannt saß er auf der vorderen Kante seines Sitzes - also, das war Abhärtung pur. Würde ich bei meinen kids nicht machen, da sind Nachrichten viel heilsamer :breitgrins:


    Gruß von Steffi