William Beckford: Vathek

  • Hallo zusammen!

    William Beckfords
    Vathek, geschreiben 1782, heute als Teil der Bibliothek von Babel (Herausgeber: Jorge Luis Borges) erhältlich, schildert das Schicksal von Vathek, dem Enkel des berühmten Kalifn Harun al Raschid. Vathek wird in Versuchung geführt und erliegt ihr. Aus dem passiven, seinen Lüsten ergebenen Wolllüstling wird ein rücksichts- und skrupelloser Herrscher, der alles unternimmt, um die ihm versprochenen Schätze und Macht zu erringen. Noch übler als er selber handeln höchstens die ihn umgebenden Frauen: seine Mutter und seine Geliebte, die er auf seinem Weg in die Hölle antrifft und ihrem Lover entreisst.


    Beckford imitiert aufs Beste die Sprache, den Stil und den Inhalt der Geschichten aus 1001 Nacht. Interessant an diesem Text ist wohl auch, dass hier die Hölle nicht nur die Strafe für den Bösewicht darstellt, sondern auch die Versuchung desselben. In Ansätzen könnte man Beckfords Hölle mit der Hölle vergleichen, die Kafkas Helden durchmachen.


    Alles in allem: Keine Hochliteratur, sicher nicht, aber gefällige und ideenreiche Lektüre für zwischendurch. :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo sandhofer,


    danke für deine Eindrücke zum Vathek. Vielleicht habe ich das Buch einfach zur falschen Zeit gelesen bzw. etwas völlig anderes erwartet. Möglicherweise sollte ich mal die Geschichten aus 1001 Nacht lesen, um die Parallelen zu erkennen. Und dann ist es auch sicher hilfreich, Vathek nicht als klassische gothic novel zu sehen, sondern als etwas eigenständiges.


    Viele Grüße
    thopas

  • Und dann ist es auch sicher hilfreich, Vathek nicht als klassische gothic novel zu sehen, sondern als etwas eigenständiges.


    Um ehrlich zu sein, weiss ich nicht, was eine gothic novel ist. Aber mir schienen die Parallelen zum Universum von 1001 Nacht (und gleichzeitig natürlich auch ein gewisses Abgrenzen davon) nur schon durchs Setting und die Hauptperson (der Enkel des 1001-Nacht-Stars Harun al Raschid!) gegeben und so habe ich die Erzählung automatisch in diesem Zusammenhang gelesen.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Um ehrlich zu sein, weiss ich nicht, was eine gothic novel ist. Aber mir schienen die Parallelen zum Universum von 1001 Nacht (und gleichzeitig natürlich auch ein gewisses Abgrenzen davon) nur schon durchs Setting und die Hauptperson (der Enkel des 1001-Nacht-Stars Harun al Raschid!) gegeben und so habe ich die Erzählung automatisch in diesem Zusammenhang gelesen.


    Dann hast du das Buch natürlich mit ganz anderen (oder evtl. ohne jegliche) Erwartungen gelesen. Ich beschäftige mich immer mal wieder mit der "Gattung" gothic novel bzw. gothic fiction (auf deutsch "Schauerroman"), die allerdings in der englischsprachigen Literatur weiter verbreitet ist als in der deutschsprachigen.


    Beckfords Vathek wird immer als einer der Urväter der gothic novel gepriesen, zusammen mit Walpoles Castle of Otranto, geht aber thematisch in eine andere Richtung als die meisten der üblichen Schauerromane. Das beste Beispiel in der deutschen Literatur ist Hoffmanns Elixiere des Teufels.


    Viele Grüße
    thopas

  • Beckfords Vathek wird immer als einer der Urväter der gothic novel gepriesen, [...]


    Ob da wohl einer dem andern nachgeplappert hat, ohne Vathek wirklich zu kennen? Gut, Beckfords Privatleben (er hat u.a. ein sehr merkwürdiges Schloss sich gebaut, das allerdings bereits wieder zerfallen ist) könnte zu solchen Ideen führen. Aber Vathek selber ist selbst dann nicht wirklich "schaurig", wenn er die Hölle seines Titelhelden schildert.


    [size=6pt]Ich sehe übrigens bei Deinem Link in die Wikipedia, dass dort als kontinentale Spielart Schillers Geisterseher angegeben ist. :breitgrins: Und Gaston Leroux (dessen Phantom der Oper mich vor Jahren schon unsäglich gelangweilt hat mit seinen völlig aberwitzigen Irrgärten unter der Pariser Oper ...).[/size]

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • [size=6pt]Ich sehe übrigens bei Deinem Link in die Wikipedia, dass dort als kontinentale Spielart Schillers Geisterseher angegeben ist. :breitgrins: Und Gaston Leroux (dessen Phantom der Oper mich vor Jahren schon unsäglich gelangweilt hat mit seinen völlig aberwitzigen Irrgärten unter der Pariser Oper ...).[/size]


    Vom Phantom der Oper werde ich mich also fernhalten, obwohl ich unterirdische Gänge ganz gerne mag... :smile:. Lohnt es sich, den Geisterseher zu lesen?

  • Mich darfst Du da nicht fragen. Ich habe diese Lektüre nach ungefähr 12 Seiten abgebrochen. Schiller ist nun mal kein Prosaiker ...


    Das ist ja auch schon eine aussagekräftige Antwort :breitgrins:. Ich werde bei Gelegenheit mal in einer Buchhandlung in das Reclamheftchen reinlesen, dann kann ich mir selbst ein Bild machen...