Orhan Pamuk - Rot ist mein Name

  • Hallo zusammen !


    Nachdem nun das gemeinsame Lesen des 5. Proust-Bandes zu Ende gegangen ist und bis zum 6. Band noch etwas Zeit bleibt, war es möglich, den SUB nach einem weiteren Buch zu durchsuchen, dass sich für ein gemeinsames Lesen eignet. So bin ich auf "Rot ist mein Name" von Orhan Pamuk gestossen, ein vielschichtiger Roman des Literatur-Nobelpreisträgers von 2006. Auch JMaria hatte schon länger vor, diesen Roman zu lesen.


    Ich eröffne daher heute die Leserunde, zu der sich JMaria und ich spontan entschlossen haben. Weitere spontane Leser sind uns natürlich sehr herzlich willkommen.


    Gruß von Steffi

  • Hallo finsbury,


    hab grad mal ein bißchen in den thread reingelesen - scheint wirklich ein sehr lohnendes Buch zu sein. Da freu ich mich schon !


    Maria: Das erste Kapitel habe ich gelesen. Natürlich ist die Perspektive interessant, ein Toter, dessen Seele sich nicht vom Körper befreien kann, weil er noch nicht bestattet ist. Einzige Frage: wenn er seinen Mörder kennt, warum müssen wir ihn dann suchen ? Dieses "wir" fand ich übrigens als zweiten Perspektivwechsel interessant - der Leser oder andere Personen des Buches ?


    Dann hab ich gleich mal in meinem Geschichtslexikon geblättert, vom Osmanischen Reich habe ich so gut wie keine Ahnung. Ich bin gespannt, wieviel ich durch dieses Buch lerne.


    Gruß von Steffi

  • Hallo finsbury,
    auch von mir danke für den Link. Das Reinlesen in die Beiträge hat mich noch neugieriger auf das Buch gemacht. :winken:


    Hallo Steffi,



      Maria: Das erste Kapitel habe ich gelesen. Natürlich ist die Perspektive interessant, ein Toter, dessen Seele sich nicht vom Körper befreien kann, weil er noch nicht bestattet ist. Einzige Frage: wenn er seinen Mörder kennt, warum müssen wir ihn dann suchen ? Dieses "wir" fand ich übrigens als zweiten Perspektivwechsel interessant - der Leser oder andere Personen des Buches ?


    Kapitel 1:
    Der Brunnen als Motiv der Unterwelt oder eine Zwischenstation? Vielversprechender Anfang! Sein Gesicht wurde zerschlagen - vielleicht die Symbolik von Identitätsverlust?


    Es kommt mir fast so vor als ob ich in einem Kaffeehaus sitze und mir eine orientalische Geschichte erzählen lasse. Pamuks Erzählstil hat etwas sehr poetisches.


    Kapitel 2:
    ist Kara der Neffe von dem Erschlagenen im Brunnen? Der Gedanke kam mir als ich las, dass der Onkel in nach Istanbul zurück rief um ihm bei einem geheimen Buchprojekt zu helfen.


    Kapitel 3:
    ein Hund erzählt *g*
    es gibt (bisher) von Kapitel zu Kapitel einen roten Faden, wie Perlen hängen die Geschichten aneinander.
    in Kapitel 2 und 3 wird von einem Prediger erzählt, der in der Beyazit-Moschee seine Ermahnungen über die Menschen ergießt. Ich weiß nicht ob das von Bedeutung ist, fiel mir jedenfalls auf.


    Ich kenne mich im Koran nicht aus, aber wenn ich lese was mir der "Hund" erzählt, dann erinnert mich das auch an das Christentum und Gebote die der Mensch zusätzlich dem Menschen aufbrummt, um ihm das Leben beschwerlicher zu machen und nur noch über Sünden nachzudenken. Obwohl es ursprünglich in den heiligen Schriften garnicht vorkam. Ich könnte mir vorstellen, dass dies auch im Islam geschah.


    z.B. das Verbot der Kaffeehäuser!
    Da darf der gewöhnliche Mensch nicht mal gemütlich zusammen kommen.


    Humor finden wir auch, wenn sich der Hund über die Katze äußert :breitgrins:


    Und die Lüge, daß ein Topf, den ein Hund ausgeleckt hat, entweder fortgeworfen oder von neuem verzinnt werden muß, kann nur von den Verzinnern herumerzählt werden. Oder vielleicht von den Katzen


    Zitat


    Dann hab ich gleich mal in meinem Geschichtslexikon geblättert, vom Osmanischen Reich habe ich so gut wie keine Ahnung. Ich bin gespannt, wieviel ich durch dieses Buch lerne.


    geht mir ebenso.
    Mir gefällt der Einstieg ins Buch bereits sehr gut.


    Schöne Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria und Steffi,
    wie schön, dass ihr euch mit dem gelungensten, komplexesten und spannendsten Buch von Orhan Pamuk beschäftigt. Ein Bildungs - und Schlüsselroman, der auf höchstem Niveau Tradition und Moderne verknüpft. Außerdem gibt er erstaunliche Einblicke in die versunkene Welt der islamischen Illustrationsmalerei. Orhan Pamuk hat einmal irgendwo geäußert, große Literatur solle nicht in erster Linie an das Urteilsvermögen, sonder an das Einfühlungsvermögen der Leser appellieren. In "Rot ist mein Name" führt er vor, wie dies funktioniert. Er ist ein Kulturvermittler zwischen Orient und Okzident, und ein lebender Beweis für die Kraft und die Bedeutung der Gegenwartsliteratur als Wegweiser für die Zukunft. Natürlich sind auch seine anderen Bücher lesenswert, besonders, wie ich finde, "Das schwarze Buch" und "Schnee".
    Ich wünsche euch noch viel Vergnügen beim Eintauchen in Pamuks Welt.
    Viele Grüße von der Leserin


  • Hallo Maria und Steffi,
    wie schön, dass ihr euch mit dem gelungensten, komplexesten und spannendsten Buch von Orhan Pamuk beschäftigt. Ein Bildungs - und Schlüsselroman, der auf höchstem Niveau Tradition und Moderne verknüpft. Außerdem gibt er erstaunliche Einblicke in die versunkene Welt der islamischen Illustrationsmalerei. Orhan Pamuk hat einmal irgendwo geäußert, große Literatur solle nicht in erster Linie an das Urteilsvermögen, sonder an das Einfühlungsvermögen der Leser appellieren. In "Rot ist mein Name" führt er vor, wie dies funktioniert. Er ist ein Kulturvermittler zwischen Orient und Okzident, und ein lebender Beweis für die Kraft und die Bedeutung der Gegenwartsliteratur als Wegweiser für die Zukunft. Natürlich sind auch seine anderen Bücher lesenswert, besonders, wie ich finde, "Das schwarze Buch" und "Schnee".
    Ich wünsche euch noch viel Vergnügen beim Eintauchen in Pamuks Welt.
    Viele Grüße von der Leserin


    Hallo Leserin,
    das hast du sehr schön beschrieben. Es ist immer wieder eine Freude, wenn man ein gut durchkomponiertes Buch liest. Ich bin sehr begeistert vom Stil und von der Geschichte. :winken:


    Hallo Steffi,


    in den weiteren Kapiteln klärt es sich auf, wer der Onkel ist. Es ist der Oheim, der den Auftrag bekam und nun seinen Vergolder vermisst. Er vermutet bereits, dass dieser umgebracht wurde.


    Orient und Okzident:
    Venedig wird öfters genannt. Ich nehme an, die Stadt soll den Okzident darstellen. Sogar der Hund erwähnt die Hunde Venedigs.


    Bildungs- und Schlüsselroman:
    ich fand einen sehr schönen Artikel in der FAZ:


    Vom Himmel durch die Welt zur Hölle


    Auszug: .... denn das Werk hat nicht weniger als einundzwanzig Erzähler: Mörder und Opfer, Tote und Lebende, Maler und gemalte Figuren, Liebende, Tod und Teufel. Sie treten auf wie die Figuren im mittelalterlichen Mysterienspiel, tragen ihren Teil der Geschichte vor, bis ein anderer das Wort ergreift, und warten dann stumm darauf, an späterer Stelle die Erzählung fortsetzen zu können: 59 Auftritte, ein Meisterwerk des polyperspektivischen Erzählens. Und auf die Perspektive kommt in diesem Roman alles an, denn sie ist sein Thema.


    ich frage mich ob die Zahlen 21 (Erzähler) und 59 (Auftritte) etwas bedeuten. :rollen:


    Sehr orientalisch fand ich den Brief den Seküre dem Kara schrieb und Ester nun erklärt, dass man zwischen den Zeilen die Bedeutung findet.


    Ich komme zum 8. Kapitel.


    Schöne Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Leserin !

    Zitat

    Hallo Maria und Steffi,
    wie schön, dass ihr euch mit dem gelungensten, komplexesten und spannendsten Buch von Orhan Pamuk beschäftigt. Ein Bildungs - und Schlüsselroman, der auf höchstem Niveau Tradition und Moderne verknüpft. Außerdem gibt er erstaunliche Einblicke in die versunkene Welt der islamischen Illustrationsmalerei.


    Gerade diese Verknüpfungen finde ich sehr interessant und bereits auf den ersten Seiten merkt man, dass man etwas ganz besonderes liest. :smile:



    Hallo Maria !


    Auch ich bin ganz begeistert von dem Buch - herrliche Sprache und durch die verschiedenen Perspektivwechsel und die kurzen Kapitel sehr kurzweilig. Und wieviel da drin steckt - unglaublich !


    Venedig war ja Gegner des osmanischen Reiches, die Schlacht von Lepanto ja eines der bestimmenden Ereignisse dieser Zeit (war nicht im Don Quijote auch davon die Rede ?), trotzdem in Sachen Bilddarstellung wohl auch Vorbild. Dass es gegenseitige Einflüsse gab, ist natürlich klar und ebenso auch die Ablehnung der konservativen Kräfte. Ich fand auch die Argumentation des Hundes sehr spannend, einerseits als Verkörperung des Wilden, Ungebeugten, vor dem die Priester Angst haben, andererseits dann die Verwestlichung. Ich hab mich auch gefragt, ob das evtl. eine Anspielung auf die Kurden darstellen könnte, muss aber zugeben, dass ich da wiedermal viel zu wenig Ahnung habe.


    Zitat

    ich frage mich ob die Zahlen 21 (Erzähler) und 59 (Auftritte) etwas bedeuten.


    Könnte ich mir vorstellen. Vielleicht gibt es im islamischen Raum eine Verbindung ?


    In Bezug auf die Buchmalerei und das westliche Portrait fiel mir Tizian ein - vielleicht dieses ?


    Wie gefiel dir der Beginn der Liebesgeschichte ? Die Schilderung von Kara auf dem weissen Pferd bei dem Granatapfelbaum war doch erstklassig !


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi,


    es steckt soviel im Roman, dass ich mich glücklich schätze, ihn mit dir gemeinsam zu lesen. Danke für den Einblick in die Geschichte des Osmanischen Reiches. Ich weiß darüber viel zu wenig, wie ich bedauerlich feststelle. Es gibt in den nächsten Wochen viel zu entdecken. Ich lese gerade im Wikipedia "Die Seeschlacht von Lepanto". Danke für das Stichwort.

    Zitat

    Ich fand auch die Argumentation des Hundes sehr spannend, einerseits als Verkörperung des Wilden, Ungebeugten, vor dem die Priester Angst haben, andererseits dann die Verwestlichung. Ich hab mich auch gefragt, ob das evtl. eine Anspielung auf die Kurden darstellen könnte, muss aber zugeben, dass ich da wiedermal viel zu wenig Ahnung habe.


    Die Geschichte der Kurden reicht sehr weit zurück. Auch hier habe ich große Kenntnislücken. Ich wollte schon längst mal "Die 40 Tage des Musa Dagh" von Franz Werfel lesen. Im Wikipedia steht, dass das 16. Jahrhundert ein großer Wendepunkt für das Volk war. (Die Schlacht von Tschaldiran zwischen den zwischen Osmanen und Safawiden und sich sunnitische Kurden mehrheitlich auf die Seite der Osmanen schlugen). Die Kurden sind das größte Volk der Welt ohne eigenen Staat!




    Wie gefiel dir der Beginn der Liebesgeschichte ? Die Schilderung von Kara auf dem weissen Pferd bei dem Granatapfelbaum war doch erstklassig !


    Gruß von Steffi


    ein herrliches Bild. Wo stand der Granatapfelbaum? War es dieser traurige Krüppel? Das sagt schon sehr viel.


    Schöne Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • In Bezug auf die Buchmalerei und das westliche Portrait fiel mir Tizian ein - vielleicht dieses ?


    und schon haben wir eine Verbindung zum Titel des Buches "Rot ..."
    Seit Tizian kennen wir das Tizianrot!


    Passt doch wunderbar :-)


    Nebengedanke:
    Rot ist auch die Farbe der Liebe (Kara und Seküre?).


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Steffi,


    Kapitel 8 „Mein Name ist Ester“
    Kann es sein, dass man den Roman so lesen sollte, wie Ester das Lesen Seküres Briefes beschreibt?


    „Deshalb an die Klugen: Lies einmal, was der Brief zu sagen hat, die Dummen aber: Lies einmal, was geschrieben steht. Das Talent liest nicht nur die Schrift, sondern den Brief als Ganzes.“ Dann folgen noch ein paar Punkte zum Brief.


    das würde evtl. deine Frage beantworten: Einzige Frage: wenn er seinen Mörder kennt, warum müssen wir ihn dann suchen ?


    Kapitel 9: „Ich, Seküre“


    Mir stach ins Auge, dass sie den Granatapfelbaum nicht krüppelig sah. Dieses Detail wurde nicht erwähnt, war ihr wohl nicht wichtig, oder die Augen der Liebe fanden das nicht wichtig.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria !


    Zitat

    Kann es sein, dass man den Roman so lesen sollte, wie Ester das Lesen Seküres Briefes beschreibt?


    Das sicherlich, wobei ja in einem folgenden Kapitel auch der Gegensatz zwischen Schreiben und Illustration beschrieben wird. Ich habe das Gefühl, dass sehr viel ineinanderverwoben ist, was wiederum auch auf das Thema Buchmalerei zurückführt. Ich könnte mir weiterhin vorstellen, dass der Roman wie eines der Bilder aufgebaut ist: in der Mitte die Liebes- und Mordgeschichte, drumherum die Ornamente und Symbole wie Hund, Baum usw.


    Da mich die beschriebene Größe der Stadt irritierte, habe ich mal nachgelesen: im 16.JH hatte Istanbul bereits 600.000 Einwohner, Paris 300.000 .


    Und dann habe ich noch eine Seite mit Buchmalerein gefunden: http://www.ee.bilkent.edu.tr/~history/ottoman2.html
    Natürlich habe ich auch den Poeten Nizami nachgeschlagen, Hüsrev und Sirin beruht wohl auf einer wahren Geschichte, interessant dabei ist, dass Sirin eine christliche Prinzessin war - also wieder der Gegensatz Islam-Christentum. Und auch sehr interessant fand ich, dass Eric Claptons Lied Layla (eines meiner Lieblingslieder von ihm) von der Erzählung Layla und Metschun inspiriert wurde.


    Im Kapitel 10 spricht der Baum, es thematisiert die Darstellung des Baums als Symbol (=östl. Welt) und als realem Baum (=westl. Welt). Wenn man nur an dem realen Baum festhält, welch Fülle von Geschichten entgehen einem dadurch.


    Kapitel 11 bezieht sich nun auf die drei Fragen, durch die man den wahren Buchmaler herausfindet. Ich habe den Mord so verstanden, dass der Ermordete ein wahre Buchmaler war und wegen seiner Kritik ermordet wurde oder liege ich da falsch ?


    Die erste Frage beschäftigt sich mit Stil und Signatur - klar, der Schmetterling benutzt viel zu oft die Farbe rot (!) und zeichnet dann auch noch einen Hund unstandesgemäß. Naja, Vergnügen scheint nicht das Erstreben eines wahren Buchmalers zu sein :zwinker:


    Die zweite Frage betrifft den Storch. Das fand ich dann schon etwas komplizierter, denn es geht darum, wie man die Kunst die Zeit überdauern kann. Offensichtlich nicht durch Individualität und Kreativität sondern durch Tradition, wobei zu großes Talent dieser im Wege steht. Ob nun Storch ein wahrer Buchmaler ist ? Er hat ja Talent für die Kriegsmalerei.


    Ich bin gespannt, wie sich die Olive äußert.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi,


    danke für die Infos (Istanbul) und den Link zu Buchmalereien. Sie erzählen immer eine Geschichte, im Gegensatz zur den Porträtmalereien in Venedig, die in einem Kapitel erwähnt wurden.


    Zitat

    Ich könnte mir weiterhin vorstellen, dass der Roman wie eines der Bilder aufgebaut ist: in der Mitte die Liebes- und Mordgeschichte, drumherum die Ornamente und Symbole wie Hund, Baum usw.


    wow - ein toller Gedanke. Es würde ein Bild ergeben, und wir lernen die Beteiligten kennen, die immer ein Stück dazu "malen".


    Zitat

    Hüsrev und Sirin beruht wohl auf einer wahren Geschichte, interessant dabei ist, dass Sirin eine christliche Prinzessin war - also wieder der Gegensatz Islam-Christentum


    passt zu meiner Entdeckung über die 7 Jünglinge die in der Höhle schlafen, von einem Hund bewacht. Die Geschichte gibt es in der christlichen Legendenbildung (darauf beruhen auch die "Siebenschläfer"), wie auch im Islam (ebenso in anderen Religionen). Der Autor sucht und findet die Verbindung zwischen Ost und West, Christenheit und Islam, Orient und Okzident.


    http://de.wikipedia.org/wiki/S…M%C3%A4rtyrer_von_Ephesus


    Auch wenn vom Goldenen Horn die Rede ist (kam jetzt auch schon mehrmals vor), denke ich an den Bosporus, diese Meerenge zwischen Europa und Kleinasien.


    Die Zahlen drei und sieben spielen im Text mMn ebenso eine große Rolle: 7 Jünglinge, ein Buch mit den sieben Gedichten des Heft Evreng - der "Sieben Sterne des Großen und des Kleinen Bären". (Kapitel Ich bin ein Baum), bei Aufzählungen sind es bisher immer 3 Aufzählungen, z.B. in "ich bin ein Baum", die drei Fragen im Kapitel 11, jeweils drei Anworten (Elif, Be, Cim) von den Buchmalern.


    Zitat

    Kapitel 11 bezieht sich nun auf die drei Fragen, durch die man den wahren Buchmaler herausfindet. Ich habe den Mord so verstanden, dass der Ermordete ein wahre Buchmaler war und wegen seiner Kritik ermordet wurde oder liege ich da falsch ?


    jetzt erwischt du mich auf dem falschen Fuß. Ich dachte, der Ermordete war ein Vergolder, ich sah ihn jetzt nicht als "richtigen" Buchmaler. Ich werde mir erst nochmals das 11. Kapitel vornehmen. Ich glaube, ich hab was überlesen oder etwas nicht kapiert.


    Zitat

    Die erste Frage beschäftigt sich mit Stil und Signatur - klar, der Schmetterling benutzt viel zu oft die Farbe rot (!) und zeichnet dann auch noch einen Hund unstandesgemäß. Naja, Vergnügen scheint nicht das Erstreben eines wahren Buchmalers zu sein


    Die zweite Frage betrifft den Storch. Das fand ich dann schon etwas komplizierter, denn es geht darum, wie man die Kunst die Zeit überdauern kann. Offensichtlich nicht durch Individualität und Kreativität sondern durch Tradition, wobei zu großes Talent dieser im Wege steht. Ob nun Storch ein wahrer Buchmaler ist ? Er hat ja Talent für die Kriegsmalerei.


    dazu später mehr, ich komme zum Kapitel 13 "Man nennt mich Storch".


    Schöne Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria,


    toll, deine Entdeckung der 7, die Legende der Sieben Märtyrer kannte ich nicht ! Und auch die 3: es sind 3 Verdächtige !


    Mit dem wahren Buchmaler meinte ich, dass der Ermordete ein Buchmaler war, der der Tradition anhing und die "modernen" Buchmaler verraten wollte. Und dass einer von diesen ihn ermordete. Also müsste man nun herausfinden, wer ein moderner Buchmaler war bzw. so sehr gegen die Traditionen (bezeichnet durch die 3 Fragen) verstieß, dass er einen Grund für den Mord hatte.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi,


    Mit dem wahren Buchmaler meinte ich, dass der Ermordete ein Buchmaler war, der der Tradition anhing und die "modernen" Buchmaler verraten wollte. Und dass einer von diesen ihn ermordete. Also müsste man nun herausfinden, wer ein moderner Buchmaler war bzw. so sehr gegen die Traditionen (bezeichnet durch die 3 Fragen) verstieß, dass er einen Grund für den Mord hatte.


    Jetzt hab ich es kapiert. Deine Einschätzung wird von weiteren Details die folgen untermauert. Besonders im Kapitel 18 "Sie werden mich Mörder nennen" hält sich der Erzähler zurück um nicht zuviel zu verraten.


    Olive's Kapitel fand ich am aufschlussreichsten, es geht um Erinnerung und Dunkelheit. Wir sehen etwas, erinnern uns und die Erinnerung kommt aus der "Dunkelheit" und geht wieder in die "Dunkelheit".


    Bei dem Erzählstil fühl ich mich stark an eine Spirale erinnert, die mich immer weiter in die Tiefe spult, dass es mir manchmal richtig schwindlig wird. Oder an ein Schachtelsystem; ich öffne eine Schachtel und es kommt eine weitere heraus und eine weitere und eine weitere .....


    Besonders dieses 3er-System an Anworten. Elif und Be ergeben zwei Kreise die sich überschneiden und die Schnittstelle ergibt Cim.


    Vielleicht ein Hinweis, dass "alte" Kultur und "neue" Kultur eine Schnittstelle ergeben sollten oder sogar müssen?


    Nachtrag: alte und neue Kultur passt nicht so recht. Vielleicht eher "alte Traditionen" die von Veränderungen geprägt sind, aber es bildet sich eine Schnittstelle, die beides vereint. *grübel*


    Komme zum 19. Kapitel Ich, die Münze.


    Schöne Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()

  • Hallo Steffi,


    was eine Münze alles so erlebt *hüstel* :breitgrins:


    Die nächsten Kapitel wechseln sich Kara, Oheim, Ester, Seküre und der Mörder als Erzähler ab. Man bekommt Stück für Stück ein besseres Bild der Situation. Es wird der Perspektive eines Objektes im Bild viel Beachtung geschenkt.


    Ich komme zum 28. Kapitel.


    ich wünsche dir ein schönes Wochenende :winken:
    viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria !


    Ja, die Münze fand ich doch auch überaus ... interessant :breitgrins: Ich musste eine gewisse Stelle meinen Kindern vorlesen, die verdrehten die Augen und meinten: "Was du wieder liest !" :breitgrins:


    In den nächsten Kapiteln, finde ich, bleibt die Geschichte etwas auf der Stelle - wie du schreibst, man lernt die Personen näher kennen und auch, wie hoch der Stellenwert des" richtigen" Bildes ist.


    Seküre ist mir recht unsympathisch bzw. ihre Motive kann ich nicht richtig nachvollziehen, auch das "Spiel" zwischen ihr und Kara scheint sich doch deutlich von westlichen Gepflogenheiten zu unterscheiden.


    Nun bin ich wieder beim Mörder angekommen - es könnte brenzlig für den Oheim werden (Kapitel 29). Die Farbe Rot kommt auch mal wieder vor - immer wieder wird auf die Bedeutsamkeit hingewiesen.
    Etwas irritiert mich aber immer - ich kann mir nämlich einfach den Winter nicht vorstellen; jedesmal wenn erzählt wird, dass es schneit, zucke ich innerllich zusammen - für mich spielt das ganze irgendwie im Sommer. Vielleicht kann ich mir Istanbul einfach nicht kalt vorstellen, obwohl ich noch nie dort war.


    Gruß von Steffi


  • Seküre ist mir recht unsympathisch bzw. ihre Motive kann ich nicht richtig nachvollziehen, auch das "Spiel" zwischen ihr und Kara scheint sich doch deutlich von westlichen Gepflogenheiten zu unterscheiden.


    Nun bin ich wieder beim Mörder angekommen - es könnte brenzlig für den Oheim werden (Kapitel 29). Die Farbe Rot kommt auch mal wieder vor - immer wieder wird auf die Bedeutsamkeit hingewiesen.
    Etwas irritiert mich aber immer - ich kann mir nämlich einfach den Winter nicht vorstellen; jedesmal wenn erzählt wird, dass es schneit, zucke ich innerllich zusammen - für mich spielt das ganze irgendwie im Sommer. Vielleicht kann ich mir Istanbul einfach nicht kalt vorstellen, obwohl ich noch nie dort war.


    Gruß von Steffi


    Hallo Steffi,


    mir fiel auch auf wie orientalisch die Erzählweise ist, besonders wenn Seküre und Ester erzählen. Nicht immer leicht ihre Denkweise zu verstehen.


    Winter und Schnee in Istanbul:
    auch so ein Element (Schnee) das so unwirklich ist, so traumhaft wirkt. Wenn der Schnee schmilzt sind alle Spuren weg oder wenn es neu draufschneit, wie z.B. auf Seküres Schritte, dann sind sie nicht mehr zu sehen. Wie schnell Schnee auch dreckig aussehen kann, wenn es matschig wird, richtig eklig - wie ein Mord.


    Also beim Stichwort "Schnee" geht die Fantasie mit mir durch :rollen:


    ein Satz hat mich beeindruckt, zu finden im Kapitel 28 "Sie werden mich Mörder nennen":
    Allahs ist der Osten wie der Westen. Allah bewahre uns vor dem Wunsch, rein und unvermischt zu sein.


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Steffi


    oh ich bangte mit dem Oheim und hoffte er könnte sich "herausreden". Am Ende war ich genauso bestürzt wie er, als der Mörder ihm mit dem Gefäß den Kopf einschlag.

    Gut plaziert, in der Mitte der Geschichte, stellt sich "Rot" selbst vor. Dass es das Blut ist, habe ich bereits vermutet. Wie beschreibt man die Farbe Rot? Die Erklärungen in diesem Kapitel orientierten sich mehr in die orientalische Richtung und der dazugehörigen Zeit in der der Leser sich befindet. Wie würde man heute die Farbe Rot beschreiben? Ich bin ratlos, vielleicht auch fantasielos um die Farbe "Rot" zu beschreiben.


    Seküre hat ihre Gründe, den Leichnam zu verstecken, obwohl noch nicht fest steht, wielange sie das machen möchte. Ich bin gespannt ob es Kara schafft, bis zum Abend die Auflösung von Seküres Ehe zu bewerkstelligen.


    Ich komme zum 33. Kapitel.


    Schöne Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria !


    Zitat

    Gut plaziert, in der Mitte der Geschichte, stellt sich "Rot" selbst vor.

    Ja, diese gesamte Komposition finde ich sehr ansprechend.


    Ich war dann auch etwas erstaunt, vor allem von der Gewalt, sie sich da entlud. Diesen Konflikt hätte ich nicht so stark eingeschätzt.


    Die Hochzeit passiert ganz im Stil eines orientalischen Märchens - wieder einmal stehen die Männer eher unbeholfen und ganz von ihren Gefühlen geleitet da und die Frauen lenken mit kühlem Verstand die ganze Sache. Dabei fällt mir ein, die Geschichten werden doch in den Kaffeehäusern erzählt, Frauen hatten da soch keinen Zutritt, oder ? Sie sind also evtl. gar nicht mit dem ganzen Geschichten-Gefühls-Kram belastet ?


    Ich komme zu Kapitel 36.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi,


    vermutlich waren die Frauen praktischer veranlagt und keine Zeit sich Geschichten anzuhören. Vielleicht gab es auch in privatem Raum treffen von Frauen. Das Geschichtenerzählen liegt den Orientalen ja im Blut.


    Der Oheim sieht von oben seine Beerdigung und Allah zeigt ihn sozusagen verschiedene "Perspektiven", je weiter sich der Oheim entfernt, desto mehr überlagern sich die Ereignisse seines Lebens und er sieht alles auf einmal. Seine Angst wegen der heidnischen, der westlichen Sichtweise wird ihm genommen:


    Kapitel 37:
    Der Osten wieder Westen, beide sind mein


    sehr effektiv wie der Autor den Glaubenskonflikt aus dem Blickwinkel der Buchmalerei zeigt und natürlich immer wieder die Farbe rot.


    in diesem Satz (Kapitel 37) erklingt eine Weisheit:
    ... begreift man, welch ein knappes Hemd das Leben ist.


    Wie wahr.


    Ich komme zum 40. Kapitel.


    Schöne Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()