Die Odyssee von Homer

  • Nun, die Voss-Übersetzung mag nicht 100% korrekt sein - mir gefällt seine Sprache. Ich habe mit 17 oder 18 die Odyssee in der Voss-Übersetzung geradezu verschlungen. Schadewaldt, den ich später auch gelesen habe, ist daneben viel nüchterner ... Und irgendwo gibt's jetzt wieder eine ganz neue, wieder in Versen. (Denn das kreide ich Schadewaldt doch sehr an: dass er die Verse in Prosa umgewandelt hat ... :grmpf: )

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Die Verse in Prosa umgewandelt? Das muss ich mir mal anschauen.
    Sonst plage ich mich lieber wieder mit dem Voß.


  • Die Verse in Prosa umgewandelt? Das muss ich mir mal anschauen.
    Sonst plage ich mich lieber wieder mit dem Voß.


    Hallo zusammen,


    ich las vor Jahren aus dem Griechischen in Prosa übertragene Ausgabe von Gerhard Scheibner, die im Aufbau Taschenbuch Verlag erschienen ist; hat mir sehr gut gefallen.


    Hier ein Auszug aus dem 1. Gesang übersetzt von Johann Heinrich Voß:


    Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes,
    Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung,
    Vieler Menschen Städte gesehn, und Sitte gelernt hat,
    Und auf dem Meere so viel' unnennbare Leiden erduldet,


    5 Seine Seele zu retten, und seiner Freunde Zurückkunft.
    Aber die Freunde rettet' er nicht, wie eifrig er strebte, __
    Denn sie bereiteten selbst durch Missetat ihr Verderben:
    Toren! welche die Rinder des hohen Sonnenbeherrschers
    Schlachteten; siehe, der Gott nahm ihnen den Tag der Zurückkunft,


    10 Sage hievon auch uns ein weniges, Tochter Kronions.
    .....


    _______________________________________________



    aus dem Griechischen in Prosa übertragen von Gerhard Scheibner:


    Von einem Mann berichte mir, Muse, einem vielbewanderten Schlaukopf, den es überaus weit in die Irre verschlug, als er Trojas heilige
    Stadt zerstört hatte! Da sah er Städte von vielen Menschen und ergründete ihre Gedanken, aber auch auf dem Meer litt er viele Qualen
    in seiner Seele, während er um das eigene Leben und um die Heimkehr seiner Gefährten rang. Trotzdem konnte er die Gefährten nicht
    retten, so eifrig er sich auch bemühte; denn durch ihre eigenen Freveltaten kamen sie um, die Toren, die die Rinder des Sohnes der
    Höhe, des Sonnengottes Helios, verspeisten, und so nahm er ihnen den Tag der Heimkehr. Bei irgendeiner dieser Geschichten beginnend,
    Göttin, Tochter des Zeus, erzähle auch uns!


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    Die Ausgabe ist in zwei Bänden (Softcover) und in einem Schuber. Illustrationen von Peter Nagengast.
    Die angegebene Seitenzahl bei Amazon stimmt nicht. Der 1. Band hat 308 Seiten // der 2. Band hat, mit Nachwort von Gerhard Scheibner, 342 Seiten.
    ISBN: 3-7466-6064-5 (I/II)
    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()

  • Und irgendwo gibt's jetzt wieder eine ganz neue, wieder in Versen.


    Ich habe sie jetzt wieder gefunden: Auch die NZZ ist des Lobes voll über die neue Übersetzung des Schweizers Kurt Steinmann, erschienen im Manesse-Verlag.


    (Denn das kreide ich Schadewaldt doch sehr an: dass er die Verse in Prosa umgewandelt hat ... :grmpf: )


    Da muss ich mich korrigieren: Schadewaldt hat in freien Versen übersetzt; die Prosa-Übersetzung stammt von seinem Schüler Gerhard Scheibner ... Das verwechsle ich immer, sorry.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Danke, JMaria und sandhofer!
    Dieser Vergleich war mir jetzt wirklich eine große Hilfe!
    Gerhard Scheibners Übertrag gefällt mir nicht besonders, da habe ich nicht das Gefühl, die Odyssee zu lesen.
    Jetzt schau ich mir noch Schadewaldts Übersetzung in freien Versen an, sonst bleibe ich doch beim guten alten Voß.
    Den Auszug, den abzuschreiben Du Dir die Mühe gemacht hast, finde ich sehr schön und gut lesbar.
    Für den Notfall, wenn es stellenweise zu mühsam wird, könnte ich ja den Scheibner zu Hilfe nehmen.


    Nochmals herzlichen Dank für die Mühe,


    liebe Grüße, Madeleine.

  • Den Auszug der Kurt Steinmann-Übersetzung habe ich jetzt auch mit Voß verglichen, und ich weiß nicht warum, aber momentan bin ich ganz auf letzteren eingestellt. Mir gefällt die Wortwahl der alten Übersetzung einfach besser.


    Danke, sandhofer, für die Vergleichsmöglichkeiten!
    Toller Service, wo hätte man den sonst noch!


    Liebe Grüße, Madeleine.

  • Die Prosaübersetzung von Ghristoph Martin (Eichborn Verlag) beginnt mit:


    Erzähle, Muse, vom weltgewandten Mann, der weit reiste und viel herumkam, nachdem er das berühmte Troja zerstört hatte. Viele Länder und Städte sah er, lernte deren Sitte und Gebräuche kennen; auf See geriet er in Not, versuchte sein Leben zu retten und seine Männer nach Hause zu bringen; doch was er auch tat, seinen Gefährten konnte er nicht helfen: Sie gingen durch eigene Dummheit zugrunde, denn sie frevelten und aßen von den Rindern des Helios. Deshalb verhinderte der Gott, daß sie den Tag der Heimkehr erlebten. Erzähle auch uns davon, Göttin, Tochter des Zeus, und fang einfach irgendwo an...
    -----


    Es gibt auch eine Versübersetzung von Friedrich Georg Jünger, dem älteren Bruder von Ernst (Klett-Cotta):


    Nenne mir, Muse, den Mann, der vieles erfahren und weithin
    Irrte vom Wege ab nach der heiligen Troja Zerstörung.
    Vieler Menschen Städte sah er mit kundigem Sinne
    Und erduldete viel auf dem Meer mit traurigem Herzen,
    Als um sein Leben er rang und die Heimkehr seiner Gefährten.
    Aber er rette keinen der Freunde, so sehr er sich mühte,
    Denn sie starben dahin durch ihren eigenen Frevel
    Und ihre Torheit, weil sie des hohen Helios Rinder
    Sich zum Mahle geschlachtet. Der Gott verwehrte die Heimkehr.
    Davon o Göttin, Tochter des Zeus, berichte auch du uns.
    ----

  • Ich muss sagen, dass mir die Übersetzung von Christoph Martin bisher am Besten gefällt. Danke lost. Ich finde die am lesbarsten.


    Danke aber an alle fürs Raussuchen und Helfen, das ist wirklich ein tolles Service.


    Katrin

  • Kurt Steinmann war heute Morgen in 3sat zu sehen. Er brachte ein einleuchtendes Beispiel, wie sein Übersetzungsansatz sich von dem von Voss unterscheidet. Er versucht näher am Ursprungstext zu übersetzen und vermeidet Ausschmückungen, die bei Voss wohl verbreitet sind.

  • Das tut mir ja nun sehr leid, dass ich Kurt Steinmann nicht gesehen habe, aber im Sommer weiß ich nie, was es im Fernsehen gibt, weil mich stets die Terrasse zum Verweilen einlädt.
    Originalgetreuer zu übersetzen ist ja sicher sehr lobenswert, aber die Voss'sche Wortwahl ist halt auch sehr schön, wenn man sich an die Verse überhaupt erst einmal gewöhnt hat.
    Vielleicht lese ich später nochmals eine modernere Übersetzung.


    Schade, dass es keinen Ordner mit Hinweisen zu kommenden Literatursendungen oder -beiträgen gibt. Den würde ich dem Studium des Fernsehprogramms jedenfalls vorziehen.


    Liebe Grüße, Madeleine.

  • Schade, dass es keinen Ordner mit Hinweisen zu kommenden Literatursendungen oder -beiträgen gibt. Den würde ich dem Studium des Fernsehprogramms jedenfalls vorziehen.


    Es lohnt sich ein Bild über das Sonntagsprogamm von 3sat zu machen. Literatur hat man seit einiger Zeit vom Nachmittag auf den Vormittag verlegt.

  • Ich habe mir heute bei thalia diese Ausgabe [kaufen='3499237164 '][/kaufen] (übersetzt von Christoph Martin) mal genauer angesehen und sie hat mich echt abgeschreckt.


    Ich hatte nicht das Gefühl die Odysee zu lesen, sondern einen witzigen, vollkommen ironischen Text. Das war der Klappentext:
    Die Erzählung vom griechischen Inselfürsten Odysseus, dem schlauen Abenteurer, der am zehnjährigen Krieg um Troja teilnahm und weitere zehn Jahre durch die Welt getrieben wurde, begeistert Zuhörer und Leser seit fast dreitausend Jahren. Der gerissene, nie um einen treffenden Spruch verlegene Realist ist das Urbild des unbeirrbaren, neugierigen, mit harten Bandagen kämpfenden Helden. Selbst Göttern begegnet er gelassen und mit trockenem Humor - erst als gebeutelter Verlierer, am Ende doch als Gewinner. Die Odyssee ist der Prototyp aller Abenteuerromane der Weltliteratur.


    Wenn ich die Odysse lese, will ich Homer lesen und nicht eine Übersetzung, die glaubt, sie muss auf cool und lässig daherkommen.


    Schadewaldt hatten sie leider nicht da, dafür zahlreiche Voss Übersetzungen.


    Katrin

  • Wekches Buch über die griechische (antike) Mythologie, besonders über die Götterwelt, in dem das Gebiet kompakt erklärt ist, kann man empfehlen ?

  • Hallo Lost,


    Zitat von "Lost"


    Wekches Buch über die griechische (antike) Mythologie, besonders über die Götterwelt, in dem das Gebiet kompakt erklärt ist, kann man empfehlen ?


    ich schaue gerne in das <i>Lexikon der antiken Mythen und Gestalten</i> von Grant/Hazel:


    [kaufen='3423325089'][/kaufen]


    Das ist alphabetisch nach Namen sortiert, ziemlich klein gedruckt, aber dafür eben auch sehr umfangreich. Wenn es zu einzelnen Göttern oder Helden verschiedene Überlieferungen gibt, die sich voneinander unterscheiden, dann wird das in den jeweiligen Artikeln auch ausgeführt, man erhält da also nicht nur eine einzige Version, was mir gut gefallen hat.


    Schöne Grüße,
    Wolf


  • Hallo Lost


    ich benutze gern die CD-Rom Wörterbuch der Mythologie von Wilhelm Vollmer. Die könnte vielleicht nicht so ausführlich wie das obige Buch sein, weil sie außer der griech. und römischen Mythologie auch noch arabische, ägyptische, indische, persische, germanische und slawische Götter- und Sagenwelt beinhaltet.


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • JMaria, Wolf.


    Danke für eure Hinweise!


    Von der "Digitalen Bibliothek" habe ich einige CD`s, nutze sie aber wenig. Es ist damit oft recht umständlich und langwierig bis ich am PC die Antwort auf eine Frage bekomme, und ich bin auch auf dem Weg mich von Bill Gates zu trennen (möge er in der Hölle schmoren, was bedeuten würde, die Trennung ist nur vorübergehend), und außerdem bin ich ein horizontaler Mensch.


    Das von Wolf empfohle Buch werde ich mir mr bestellen.