Mai 2007 - Hölderlin: Hyperion

  • Hallo,
    ich weiß ja nicht, wie das hier so üblich ist - habe natürlich den "Beschreibungstread" nur überflogen :breitgrins:


    Ich eröffne jetzt einfach mal die Leserunde "Hyperion".
    Oder gibt es noch einen extra Tread für "Nichtklassiker". Ich meine mal gesehen zu haben, daß Hölderlin dahin verschoben wurde.


    Viele Grüße
    Leseratte

    ...Dann sagte ein Lehrer: Sprich uns vom Lehren.<br />Und er sagte:<br />Niemand kann Euch etwas eröffnen, das nicht schon im Dämmern Eures Wissens schlummert.<br /><br />Khalil Gibran<br />Der Prophet

  • Hallo Leseratte :winken:


    das paßt schon alles, Hölderlin ist doch ein Klassiker. Ich werde entweder heute oder morgen abend anfangen zu lesen.


    Viele Grüße,
    Zola

  • Oder gibt es noch einen extra Tread für "Nichtklassiker". Ich meine mal gesehen zu haben, daß Hölderlin dahin verschoben wurde.


    Da müsste ein Fehler unterlaufen sein.


    Wir überlassen es im Klassikerforum üblicherweise der Person, die den Vorschlag als erste gemacht hat, den Leserunden-Thread zu eröffnen :zwinker: .


    Ich werde entweder heute oder morgen abend anfangen zu lesen.


    Bei mir ist es heute abend; und ich werde wohl ziemlich langsam vorankommen, da ich parallel noch Rabelais lese ...


    PS. Zola: Magst Du noch einen Materialienthread eröffnen? Danke!

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Ja, vielleicht werde ich wohl auch mitmachen. Vor einigen Tagen hab ich die ersten Seiten flüchtig gelesen. Der Stil erinnerte mich an Rimbaud und seine Zeit in der Hölle, und die war eine äußerst merkwürdige, herausragende Lektüre.


    Auf 'Hyperion' freue ich mich schon, obwohl mir der 'Tod des Empedokles'(ebenfalls von Hölderlin) sehr abstoßend war.


    Lieben Gruß.

  • Hallo zusammen,


    wunderbar, dann kann's losgehen!


    Mit der Lektüre habe ich gestern Nacht begonnen und mich sofort daran erinnert, warum ich während meiner Studienzeiten einen großen Bogen um Hölderlins Prosa gemacht habe: Der Stil war mir zu schwärmerisch!
    Am Anfang der Lektüre hatte ich auch jetzt Schwierigkeiten, aber man kann sich daran gewöhnen.
    Die Textlage ist etwas ungewöhnlich. In meiner Ausgabe sind dem Hyperion noch zahlreiche Entwürfe und Bruchstücke zugeordnet, mit denen ich mich nach der Lektüre des Haupttextes befassen möchte.
    Ca. die ersten 15 Seiten habe ich gelesen: Während am Anfang die Gemütslage und das Weltverständnis des nach Griechenland zurückkehrten Hyperion beschrieben wird, erleben wir dann ganz chronologisch Hyperions Kindheit, seinen bewunderten Lehrer Adamas (sic! sein erster "Mensch"), das Zurückgelassenwerden und seinen Aufbruch nach Smyrna, wo er den heißblütigen Alabanda kennen lernt.
    Ein wenig steht mir das Buch noch im Zeichen des Geniekultes, Hyperion kann kaum einen ihm gemessenen Partner/Freund finden, sieht sich deshalb als einsam und krankt an der Vulgarität der ihn umgebenden Gesellschaft.
    Bezüglich seines Aufgehens in der Natur und den Fichteschen Bezügen erwarte ich noch Erhellendes von unseren "Philosophen". :winken:
    Keine leichte Lektüre bisher, dennoch lohnend, in die Vorstellungswelt Hölderlins einzutauchen und nebenher den ungewöhnlichen Schauplatz zu genießen. Eigentlich müsste man ja Lord Byron dazu lesen, wenn wir uns schon in den griechischen Freiheitskämpfen befinden! :zwinker:


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)


  • Der Stil war mir zu schwärmerisch!


    Hallo finsbury,
    liegt das nicht auch an der Epoche?


    Gruß
    Leseratte

    ...Dann sagte ein Lehrer: Sprich uns vom Lehren.<br />Und er sagte:<br />Niemand kann Euch etwas eröffnen, das nicht schon im Dämmern Eures Wissens schlummert.<br /><br />Khalil Gibran<br />Der Prophet

  • Hallo zusammen!


    Mit der Lektüre habe ich gestern Nacht begonnen und mich sofort daran erinnert, warum ich während meiner Studienzeiten einen großen Bogen um Hölderlins Prosa gemacht habe: Der Stil war mir zu schwärmerisch!


    Man könnte sagen: Es ist Lyrik, die aus Versehen in Romanform veröffentlicht worden ist.


    Ich war erstaunt, wie rasch ich mich an Hölderlins Stil gewöhnt hatte, obwohl ich lange nichts mehr von ihm gelesen habe. Hyperion - eine wahrlich seltsame Gestalt. Hölderlin war ja nie so weit im Süden; er musste sich dessen ganze Erinnerungen an eine Kindheit und Jugend in Griechenland aus den Fingern saugen. Entsprechend haben wir auch eine ideale Landschaft mit idealen Menschen vor uns.


    Der Beginn des Hyperion erinnert mich sehr an den des Titan.


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!


    Dann eröffne ich mal den Materialienthread :breitgrins: :


    Auf den Wiki-Eintrag zu Hölderlin verlinke ich jetzt nicht extra. Interessant könnten sein die Webseiten


    - der Hölderlin-Gesellschaft und
    - der Seite "Hölderlin in Bad Homburg" -


    "könnten" deshalb, weil beide offenbar in starker Umbearbeitung sind und aktuell viele interne Links ins Leere zeigen.


    An Literatur über Hölderlin ist mir über den Weg gelaufen:


    [Blockierte Grafik: http://images-eu.amazon.com/images/P/3458349545.03.MZZZZZZZ.jpg] - Jochen Schmidt: Hölderlin in Bad Homburg


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    (und das Klassikerforum damit unterstützen)]


    sowie das seinerzeit mächtig Furore machende, heute allerdings in seiner Grundthese wohl überholte, aber dennoch faktenreiche und von daher lesenswerte Buch


    von Pierre Bertaux: Hölderlin. Eine Biographie. [Blockierte Grafik: http://images-eu.amazon.com/images/P/3458343520.03.MZZZZZZZ.jpg]


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    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallöchen,


    @bonaventura und Leseratte 4,


    da kann ich mir nur dem erstgenannten anschließen: Die Epoche bietet viele Gegenbeispiele: Goethe, Kleist, (Wieland von den Älteren) quasen lange nicht so mit schwärmerischen Adjektiven!


    Zu sandhofer: In der Tat lyrisch: wenn man die Sätze im Flattersatz aufschreibt, hat man ein Gedicht:
    Beispiel: einer von Hyperions Briefen nach seiner Trennung von Alabanda:


    Es ist, als wolltest du
    Noch eine Sonne schaffen,
    Und neue Zöglinge für sie,
    Ein Erdenrund und
    Einen Mond erzeugen.


    Das kann man mit fast allen Zeilen des Romans machen. Seit dieser Erkenntnis komme ich auch weit besser damit zurecht. Dennoch sind die schwärmerischen, wohl der pietistischen Erziehung Hölderlins geschuldeten Passagen meiner Leselust nicht immer förderlich.
    Aber nun zu meinen Fragen und Anmerkungen.
    Was eigentlich ist so schrecklich an Alabandas Freunden? Ich würde sie auch nicht in mein Herz schließen, aber es wird mir zunächst gar nicht klar, warum Hyperion derart abgestoßen reagiert.
    Weiterhin: Oft ist es erst bei fortgesetzter Lektüre klar, aus welcher Perspektive gesprochen wird: aus der des enttäuschten jungen Hyperions oder der des abgeklärten Eremiten z.B..
    Bin mit dem ersten Buch, erster Band fertig, gerade hat H. Diotima kennen gelernt ...


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()


  • Man könnte sagen: Es ist Lyrik, die aus Versehen in Romanform veröffentlicht worden ist.


    Genau. Und deswegen erinnerte er mich wohl an Rimbaud. Ich komme nur langsam voran, weil ich selten in der lyrischen Stimmung bin. Und Hölderlin schreibt so abstrakt, baut keine Stützen für meine Phantasie ein, daß alles sehr anstrengend wird. Mit vielen seiner Gedanken bin ich nicht einverstanden, andere drückt er sehr schön aus.


    Haben eure Ausgaben Kommentare? Meine Ausgabe(Reclam) hat leider keine.


    Finsbury, leider bin ich viel langsamer als du, und kann auch nicht auf deine Frage eingehen. Ich habe aber selbst noch einige Verständnisfragen.


    1. Mit 'Epoche' meint ihr, glaube ich, die Zeit. Aber in welche Epoche, oder welche Rubrik wird Hölderlin eingereiht? Ich lese 'Hyperion' und denke an Sturm und Drang, oder an die Romantik, oder an die Klassik. Vielleicht könnt ihr mir Klarheit einbringen.
    2. „Weißt du, wie Plato und sein Stella sich liebten?“ Was meint er damit? Wo ist das nachzulesen?


    .. und ich habe eigentlich noch mehr kleinere Fragen, die gehen aber zu sehr ins Detail, und ich glaube, euch damit auch nur zu belästigen. ;)



    Ein schöner Satz übrigens:
    [Das Kind] ist unsterblich, denn es weiß vom Tode nichts.


    Lieben Gruß,
    euer naiver Knabe. :P


  • 1. Mit 'Epoche' meint ihr, glaube ich, die Zeit. Aber in welche Epoche, oder welche Rubrik wird Hölderlin eingereiht? Ich lese 'Hyperion' und denke an Sturm und Drang, oder an die Romantik, oder an die Klassik. Vielleicht könnt ihr mir Klarheit einbringen.


    Sowohl Friedrich Hölderlin als auch Heinrich von Kleist entziehen sich mit ihren Werken der Grobeinteilung Klassik/Romantik. "Sturm und Drang" ist bereits überwunden, als Hölderlin anfängt zu schreiben.


  • 2. „Weißt du, wie Plato und sein Stella sich liebten?“ Was meint er damit? Wo ist das nachzulesen?


    Bezieht sich auf einige antike Epigramme, die von der Tradition Platon zugeschrieben werden, und hier und da mit "An Stella" überschrieben sind.


    Wenn ich richtig orientiert bin, sind es die folgenden beiden:


    Zitat

    Sterne beschaust du, mein Stern. O könnte zum Himmel ich werden,
    vieläugig dürfte ich dann ständig betrachten auch dich!


    Unter den Lebenden hast du als Morgenstern strahlend geleuchtet;
    unter den Toten strahlst jetzt du als Abendgestirn.


    Stella = Stern könnte auch für einen Namen oder eine Person stehen. Mit dieser Deutung spielt Hölderlin hier.


    Die Zuschreibung ist, soweit ich sehe, rein traditionell und durch nichts weiter belegbar.


  • .. und ich habe eigentlich noch mehr kleinere Fragen, die gehen aber zu sehr ins Detail, und ich glaube, euch damit auch nur zu belästigen. ;)
    Lieben Gruß,
    euer naiver Knabe. :P


    Lieber Knabe,
    mich und ich denke einige andere auch, belästigst Du mit Deinen Fragen bestimmt nicht. Ich z.B. habe mich zum ersten Mal an so ein Buch rangetraut - habe also keinerlei Vorkentnisse. Von den Büchern, die bis jezt als Beispiele rangezogen wurden, habe ich noch nie etwas gehört. Mit der groben Epocheneinteilung kann ich gerade noch etwas anfangen. Deswegen würden mir aber auch Fragen weiterhelfen.
    Du bezeichnest Dich als naiv? Was bin ich denn dann erst? :redface: Schließlich lese ich dieses Buch trotzdem weiter.


    Viele Grüße
    Leseratte

    ...Dann sagte ein Lehrer: Sprich uns vom Lehren.<br />Und er sagte:<br />Niemand kann Euch etwas eröffnen, das nicht schon im Dämmern Eures Wissens schlummert.<br /><br />Khalil Gibran<br />Der Prophet

  • Hallo zusammen!


    Was eigentllich ist ist so schrecklich an Alabandas Freunden? Ich würde sie auch nicht in mein Herz schließen, aber es wird mir zunächst gar nicht klar, warum Hyperion derart abgestoßen reagiert.


    Sie sind eben keine Schwärmer. Zerrissene Personen, keine ganzen. Welche mit einem Hang zum Zynismus.


    Weiterhin: Oft ist es erst bei fortgesetzter Lektüre klar, aus welcher Perspektive gesprochen wird: aus der des enttäuschten jungen Hyperions oder der des abgeklärten Eremiten z.B..


    :breitgrins: - Das geschieht, wenn ein Lyriker, der sich um solche Dinge keine Sorgen zu machen braucht oder dem ein Perspektivenwechsel sogar als gelungener Kunstgriff angerechnet wird, anfängt, einen Roman zu schreiben. :zwinker:


    Und Hölderlin schreibt so abstrakt, baut keine Stützen für meine Phantasie ein, daß alles sehr anstrengend wird.


    Findest Du? Ich war überrascht, wie wenig Probleme zum Einsteigen mir der Hyperion geboten hat. Zwei, drei Zeilen - und ich wurde von der Sprache schon mitgerissen. Und für mein Empfinden schreibt Hölderlin sehr konkret. Nicht konkret, was die Schilderung von Landschaften o.ä. betrifft, aber konkret, was die Darstellung einer inneren Landschaft betrifft.


    Haben eure Ausgaben Kommentare? Meine Ausgabe(Reclam) hat leider keine.


    Einige Sacherläuterungen am Schluss, ja. Es handelt sich um die zweibändige Werkausgabe, die ca. 1970 bei Hanser erschienen ist, ihrerseits eine Lizenzausgabe der Edition des Aufbau-Verlags (damals DDR - und Hersteller einiger guter Klassiker-Werk-Ausgaben. Der DDR-Zöllner wollte allerdings nicht, dass ich die exportiere ... :sauer: )


    1. Mit 'Epoche' meint ihr, glaube ich, die Zeit. Aber in welche Epoche, oder welche Rubrik wird Hölderlin eingereiht? Ich lese 'Hyperion' und denke an Sturm und Drang, oder an die Romantik, oder an die Klassik. Vielleicht könnt ihr mir Klarheit einbringen.


    Kohlschmidt, den ich immer noch am liebsten mag, führt in Band 2 seiner Geschichte der deutschen Literatur einen Grossabschnitt ÜBER DEN EPOCHEN auf. Hier handelt er Hölderlin, Jean Paul und Johann Peter Hebel ab, die alle drei zwar Zeitgenossen Goethes, aber den Epochen Sturm und Drang, Klassik oder Romantik nicht zuzuordnen sind. Persänlich spreche ich auch gern von Goethe-Zeit oder, in einem sehr, sehr weiten Sinn, von Romantik für das ganze Gewimmel der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen!


    So, den ersten Band habe ich abgeschlossen. Es wurde dann im zweiten Buch des ersten Bandes noch nachgerade sozialpädagogisch. Dabei bekam auch Kants Einteilung des intellekturellen Menschen in Vernunft und Verstand auch eines ausgewischt. Wenn ich das richtig sehe, greift Hölderlin hier auf Herder zurück. (Jedenfalls die Passage mit dem Einfluss des Klimas auf die Staats- bzw. Menschenverfassung ist m.W. Herder.)


    Die so was von keusche Liebesgeschichte ... wenn nicht Hölderlins mitreissende Sprache wäre, wäre so etwas heute wohl ungeniessbar ...


    Des weiteren will mir scheinen, dass auch der Hyperion einer dieser grossen, missglückten Briefromane ist. In einem Band und zwei Büchern lesen wir nichts als Hyperion, der seinem Bellarmin schreibt und schreibt und schreibt. Keine Antwort - von einer dritten Person, die auch schriebe, ganz zu schweigen. Gut, Hölderlin kann hier auf ebenso grossartige und ebenso missglückte Vorgänger hinweisen: Goethes Werther leidet an derselben Krankheit. (Aber was soll man von zwei Lyrikern, die sich ins Romanfach wagen, erwarten?) Und die Mutter aller Briefromane, Richardsons Pamela, ist ja auch so ein Unding ... Das Empfindsam-Betuliche, das wir heute oft nur noch schwer schlucken, scheint übrigens auch von Richardson her zu stammen. Doch bei ihm war das Zärtelchen noch eine Frau; bei den hochempfindlichen Werther und Hyperion empfinde zumindest ich persönlich mehr Mühe mit dem Charakter. Wie gesagt: Hölderlins Sprache reisst alles heraus ...


    Auch sonst ist das Setting eigentlich unmöglich. Sollen wir tatsächlich glauben, dass diese Labertasche Hyperion, der das Herz auf der Zunge sitzt, im Norden seinen Bellarmin kennengelernt hätte, und hätte ihm in all der Zeit nie etwas von Adamas, Alabanda und Diotima erzählt und müsste das nun schrifltich nachholen auf seiner einsamen Eremiten-Insel?


    Aber die Sprache, die Sprache ... :smile:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Gut, Hölderlin kann hier auf ebenso grossartige und ebenso missglückte Vorgänger hinweisen: Goethes Werther leidet an derselben Krankheit.


    Was sollte denn Deiner gutunterrichteten Meinung nach in Wilhelms Briefen stehen?

  • Was sollte denn Deiner gutunterrichteten Meinung nach in Wilhelms Briefen stehen?


    Es kann nichts darin stehen - genausowenig wie Bellarmin sinnvollerweise antworten könnte. Das ist ja die Crux. Es ist ein langer Monolog, kein Briefwechsel. Weil das Gegenüber auch nichts beizutragen hätte. In Hyperion Band 2, Buch 1 lesen wir nun immerhin ein paar Briefe von Diotima ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Es kann nichts darin stehen - genausowenig wie Bellarmin sinnvollerweise antworten könnte. Das ist ja die Crux. Es ist ein langer Monolog, kein Briefwechsel. Weil das Gegenüber auch nichts beizutragen hätte. In Hyperion Band 2, Buch 1 lesen wir nun immerhin ein paar Briefe von Diotima ...


    Nun, es steht ja schon etwas darin, z. B.:



    Aber alles sonst, was wir von Wilhelms Briefen wissen müssen, können wir uns selbst ausdenken. Denn der Leser ist jener Wilhelm bzw. soll seine Stelle ausfüllen. Denn der »Werther« ist eine Tragödie und kein Wielandsches »Lustspiel«; daher muss die Distanz zwischen Leser und Protagonisten soweit wie möglich reduziert werden. Da sind Briefe eines wirklichen Wilhelm, der von den Brötchenpreisen in Kassel berichtet, ganz und gar unnütz. Und dennoch sind Werthers Briefe deshalb kein Monolog (im Bühnensinn) und eben auch kein Tagebuch, sondern sie wenden sich konkret an einen anderen.


    Erklärst Du mir jetzt nochmal, warum die Konstruktion missglückt ist?

    Einmal editiert, zuletzt von bonaventura ()

  • Hi,


    entschuldigt, wenn ich eure "Werther-Debatte" unterbreche.
    Trotzdem ein kleiner Kommentar :zwinker:: Ich halte - wie du, @bonaventura - die Goethesche Konstruktion nicht für missglückt und im Übrigen, @ sandhofer Goethe auch nicht für einen Lyriker per se, der zwischendurch mal auf anderen Hochzeiten tanzt. Obwohl ich kein ungeteilter Goethe-Fan bin, finde ich doch - im Einklang mit den meisten anderen - dass Goethe auf vielen Gebieten, ob nun Drama, Roman, Autobiografie oder eben Lyrik, Weiterführendes und Gültiges gelungen ist und zwar ohne Abstriche.
    Bei Hölderlin hingegen teile ich deine Meinung: Da spricht der Lyriker und um solch Nebensächliches wie Romankomposition und / oder Perspektiveinhaltung macht sich der Dichter recht wenig Sorge: Auch in I,2 gibt es wieder rabiate Perspektivstörungen, etwa wenn der abgeklärte Eremit angesichts Diotimas Todes in ganz frisches Wehklagen und Weltschmerz ausbricht.
    Dennoch lässt man sich von der schönen Sprache hinreißen: Es fällt nicht schwer, dem Text zu folgen, wenn man sich ganz dem Rhythmus überlässt.
    Leider muss ich momentan beruflich sehr viel Bescheideneres und äußerst Profanes konsumieren, so dass ich kaum vorankomme.
    Einen schönen Sonntag


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)