Dramentheorie nach Aristoteles

  • Hallo zusammen,


    weiß jemand von Euch, ob nach Aristoteles Handlungen nur durch Sprache dargestellt werden dürfen oder auch durch "Aktion" auf der Bühne? Ist Sprache `das höchste Gut´?


    Liebe Grüße
    Merja

  • Hallo Merja,


    vielen Dank für die gescheite Frage, die zudem eine Schlussfolgerung nahe legt!


    Ich kann nur eine indirekte Antwort geben: Fehlen in den antiken Dramen Regie-Anweisungen, dürfte es ihren Verfassern nur um das Sprachkunstwerk gegangen sein. In meiner Bibliothek habe ich eine Übersetzung der Sophokles-Tragödie „König Oedipus“ von Adloph Wagner, dem Onkel Richard Wagners, gedruckt 1813. Regieanweisungen enthält diese Übersetzung nicht.


    Das Primat der Sprache könnte den antiken Autoren so selbstverständlich gewesen sein, dass Aristoteles in seiner „Poetik“ darauf gar nicht eingehen musste.


    H.-P.Haack

    "Trau deinen Augen" (Otto Dix)

  • Hallo!



    Ich kann nur eine indirekte Antwort geben: Fehlen in den antiken Dramen Regie-Anweisungen, dürfte es ihren Verfassern nur um das Sprachkunstwerk gegangen sein.


    Die antiken Tragödien waren alle für eine Aufführung gedacht, die allerdings so ritualisiert waren, das dafür keine "Regie-Anweisungen" nötig waren. Sie wurden im Rahmen von ganztägigen Wettbewerbungsvorstellungen aufgeführt (Agon). Eine Tragödie als "Sprachkunstwerk" ist ein modernes Konzept, das ein alter Grieche so gar nicht verstanden hätte.


    CK

  • Aristoteles schreibt, dass es den besseren Dichter auszeichnet, wenn die Handlung, nicht die Inszenierung wirkt.


    "Die Inszenierung vermag zwar die Zuschauer zu ergreifen; sie ist jedoch das Kunstloseste und hat am wenigsten etwas mit der Dichtkunst zu tun. Denn die Wirkung der Tragödie kommt auch ohne Aufführung und Schauspieler zustande. Außerdem ist für die Verwirklichung der Inszenierung die Kunst des Kostümbildners wichtiger als die der Dichter." (Poetik, Kapitel 6, Übers. Fuhrmann)


    Gruß!

  • Hallo miteinander,


    vielen Dank für Eure Antworten!
    Ich bin dennoch verunsichert: Ist es denn so, dass Handlungen nach A. überhaupt realiter, bzw. in der Textrealität stattfinden dürfen?


    Explizit also: Sprechen die einzelnen Figuren nur über stattfindende Handlungen (im Sinne von "Da hinten passiert gerade das
    und das...") und bleiben selbst passiv oder werden die Handlungen für den Zuschauer sichtbar vollzogen (durch aktive Figuren)?


    Liebe Grüße
    Merja

  • Hallo!



    Explizit also: Sprechen die einzelnen Figuren nur über stattfindende Handlungen (im Sinne von "Da hinten passiert gerade das
    und das...") und bleiben selbst passiv oder werden die Handlungen für den Zuschauer sichtbar vollzogen (durch aktive Figuren)?


    Es gab in der griechischen Tragödie eine Entwicklung hin zu mehr Schauspielern und damit mehr "action" auf der Bühne. Generell fand durchaus auch Handlung auf der Bühne statt, wenn gleich die Mittel des Botenberichts o.ä. oft zum Einsatz kamen.


    CK