Oktober 2010: Rainer Maria Rilke - Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge


  • Wie sinnig, wo ich doch gerade parallel die Kriegstagebücher von Ernst Jünger lese, um mich von der Poesie zu erholen.


    Och du armer Kerl, lass dich mal knuddeln :smile:


    Gute Nacht
    Anita :winken:

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

  • Hallo,


    Ihr seid schnell, ich gurke gemächlich hinterher und bin gerade mal auf Seite 20 angekommen. Ich komme im Moment noch mit diesen Sprüngen im Buch nicht ganz klar. Da es keine zusammenhängende Geschichte ist sondern nur Fragmente bin ich sehr schnell wieder draußen. Ich merke sehr stark, dass ich im letzten Monat fast nur Fantasy gelesen habe :redface:


    Was mich aber fasziniert, ist die Tatsache, dass er sehr viel über den Tod und vor allem "den eigenen Tod" redet. Jeder muss seinen eigenen finden. Das finde ich eigentlich unglaublich simpel und trotzdem so voller Wahrheit.




    Persönlich entdeckte ich schon einige Parallelen, überhaupt finde ich das Buch sehr persönlich, im Grunde möchte ich darüber im Netz gar nix zu schreiben. Habt ihr das auch?


    Mich berührt es auch sehr persönlich, weil ich beim Lesen über den Tod immer an meine verstorbene Mutter denken muss.


    Katrin


  • Der gesellschaftliche Niedergang und langsame Ruin gewisser Adelsschichten ist etwas, was nicht nur Malte betraf. Er gehörte einem aussterbenden Geschlecht an, das seinen materiellen Besitz und seine Position in der Gesellschaft verlor.


    Liebe Rilke-Runde,


    ich verfolge Eure interessanten Kommentare ein wenig. Die Sache mit dem aussterbenden Geschlecht hat Rilke schon im "Stundenbuch" aus dem Jahr 1901 thematisiert:


    Die Könige der Welt sind alt
    und werden keine Erben haben.
    Die Söhne sterben schon als Knaben
    und ihre bleichen Töchter gaben
    die kranken Kronen der Gewalt.


    ...


    Ich wünsche Euch weiterhin viel Spaß mit einem meiner Lieblingsbücher.


    Tom

  • Hallo zusammen,


    ich habe etwas verspätet mit der Lektüre begonnen, bin aber immerhin schon bis ca. Seite 60 in meiner Ausgabe (Fischer Klassik) gekommen. Ich wußte bei diesem Buch überhaupt nicht, was mich erwarten würde, und bin nun ziemlich überrascht über diese Bewußtseinsstrom-ähnlichen Passagen. Mir drängt sich auch irgendwie die Annahme auf, daß Malte evtl. zu Depressionen o.ä. neigt. Manche Abschnitte wirken sehr seltsam, geradezu unverständlich auf mich. Die Szene im Krankenhaus fand ich bisher am beeindruckendsten; wobei wahrscheinlich auch die einem innewohnende Angst vor einer bevorstehenden Untersuchung/Behandlung durchaus dazu führen kann, daß man die Umgebung und die Leute um sich so grotesk und verschwommen wahrnimmt. Da ist es dann durchaus verständlich, daß Malte aus diesem Gruselkabinett flüchtet...


    Mit Rilke habe ich mich bisher so gut wie gar nicht beschäftigt; da wird es wohl Zeit, daß ich ein paar Gedichte von ihm lese, um mir ein besseres Bild machen zu können.


    Viele Grüße
    thopas

  • Ich nähere mich dem Ende und muss zugeben, es fällt mir immer schwerer. Ohne den Kommentar meiner Suhrkamp-Ausgabe wäre ich bei einigen Abschnitte völlig orientierungslos. Es bleibt wie es war und ist, die Poesie ist mir zwar nicht feindlich aber doch spöttisch gesinnt. Immer muss sie mir meine Grenzen bewußt machen und meine Gewöhnlichkeit :sauer:


    Die Ausflüge in die Geschichte, die uns Malte erzählt sind wieder voll Mystik, das Stundenbuch kündigt sich an und das schwere Blut Rilkes zeigt sich. Wie sollte ich erkennen, dass der Abschnitt über das Theater und die Schauspielerin, dies Homage der Duse gewidmet ist. Nur diese Euphorie, die kenne ich auch, diese totale Anbetung, diese Vorstellung nichts anderes kann größer sein, als das was mir gerade das Größte ist.


    Nun bin ich da von Malte fordert: "Blättert zurück in euren Tagebüchern."


    Aber irgendwie (man erlaube mir den Jargon der Eigentlichkeit) finden sich in diesen poethischen Figuren und Dichtern, doch immer wieder Schwestern und Brüdern, die einen in Momenten der Ruhe und Gelassenheit das auch fühlen lassen.
    Es ging mir bei Marcel Proust und Virgina Woolf so, bei Rilke ist es mir am schwierigsten.


  • Ich nähere mich dem Ende und muss zugeben, es fällt mir immer schwerer. Ohne den Kommentar meiner Suhrkamp-Ausgabe wäre ich bei einigen Abschnitte völlig orientierungslos. Es bleibt wie es war und ist, die Poesie ist mir zwar nicht feindlich aber doch spöttisch gesinnt. Immer muss sie mir meine Grenzen bewußt machen und meine Gewöhnlichkeit :sauer:


    Zuerst mal, meinst du wirklich, dass wir/ich dieses Buch in seiner Vollständigkeit verstehen :zwinker: Ich denke, bei der Erstlektüre ist das fast unmöglich, es ist auch nicht so gewollt vom Autor, wenn ich so über Malte im Netz lese. Rilke wollte neue Wege gehen, und der Bewusstseinsstrom ist nie vollständig zu verstehen, dazu müsste man dem Schreiber in seine Gedankenwelt folgen können, und dass kann man auch nach 20 Jahre Ehe bei seinem Partner nicht richtig :zwinker:


    Ich habe dieses Jahr von Rilke "Duineser Elegien" gelesen, davon habe ich nun wirklich kaum die Bohne verstanden, Rilke scheint ein sehr komplizierter Mensch gewesen zu sein, und ich kann als Leser dieses nur "ad-notam-nehmen". Den Malte werde ich sicherlich zu einem ruhigeren Zeitpunkt in meinem Leben nochmals lesen und eigentlich ist es doch schön, wenn es ein paar Bücher gibt, die man halt nicht direkt auf Anhieb versteht :smile:


    LG
    Anita

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

  • Zuerst mal, meinst du wirklich, dass wir/ich dieses Buch in seiner Vollständigkeit verstehen :zwinker: Ich denke, bei der Erstlektüre ist das fast unmöglich, es ist auch nicht so gewollt vom Autor, wenn ich so über Malte im Netz lese. Rilke wollte neue Wege gehen, und der Bewusstseinsstrom ist nie vollständig zu verstehen, dazu müsste man dem Schreiber in seine Gedankenwelt folgen können, und dass kann man auch nach 20 Jahre Ehe bei seinem Partner nicht richtig :zwinker:


    Du hast ja ganz Recht.


    Ich lese halt gerne Texte, die für sich selbst sprechen und meistens auch in einer anderen Sprechweise geschrieben sind. Bei Joyce musst ich auch erst Biografisches lesen, bevor ich mit ihm wohl fühlte und die Geschchte hinter der Sprachfassade erfassen konnte. Hinzu kommt, dass Rilke Maltes Gott und seine Vorbilder aus dem Mittelalter holt. Ich bin nun gottlos und das Mittelalter ist mir in vielem suspekt, von mir aus müsse es nicht gewesen sein. :zwinker:


    Im Roman von Rilke wird viel angesprochen und vieles bleibt unbestimmt. Das passt jedoch auch zur Persönlichkeit des Malte, zu seinen Ängsten und seiner Suche den Lebensinhalten. Den Menschen wird im Unterschied zu Tieren die Fähigkeit zugeschrieben, sich in andere Wesen hinein denken zu können. Ich muss daran halt noch etwas arbeiten, bis ich zum Mensch geworden bin, aber ich will auch keiner werden, wie es Malte ist. :zwinker:


    Ich werde gelegentlich daran arbeiten. Aber ob es eine zweite Lektüre dieses Romans gibt? Ich bezweifle es.

  • Gegen Ende fand ich die Passagen, die mich am meisten beeindruckten. In den Abschnitten, die nach "Blättert zurück in euren Tagebüchern.", finden sich Gedanken, die ich nachvollziehen kann und die mich beschäftigt haben.
    Auch wenn ich Malte oder Rilke nicht folgen kann, auch wenn ich mich nicht errinere, dass ich den Winter in den Frühling schleppte, hat seine Art sich zu erinnern etwas Aufregendes, denn seine Schlüsse sind ungewöhnlich.


    Ich frage mich allerdings, warum Rilke Maltes Gedanken über die Liebe, auf Beispiele von überlieferter Liebe zurückführt, in der Entsagung ein zentrales Element ist und seine eigenen Gefühle nicht als selbständig beschreibt. Soll das heißen: Alles ist schon gesagt?


    Zur Liebe gehört die Poesie, wie zum Schlaf der Traum, und er findet dafür, aus meiner Sicht, eindringlichere Bilder, als sie seine Bemerkungen über den Tod enthalten. Wir wissen von Rilke, dass der lieben konnte, aber seine Geliebten in einer Weise forderte, dass sie ihm nicht auf Dauer folgen konnten. Das Düstere und der Drang zum Verzicht überwiegt letztlich bei ihm doch, so auch in diesem "Roman".


    Aber in den Schlusskapiteln spricht er so schöne Worte über die Liebe, dass man sich wünscht, es gibt eine, der man selbst so schöne Worte sagen kann, mag sie nun Agnes.. Margo..oder Zina heißen.


    "Um alles Fertige steigt das Ungetane und steigert sich."


    Diesen Satz werde ich in meinem nächsten Bericht in der Firma zitieren. Dann bekomme ich einen Termin in der Personalabteilung und habe danach viel Zeit zum lesen. :zwinker:

  • Hallo,



    Die anschließenden Szenen, insbesondere dann sein Ausflug in die Klinik, eventuell sogar psychatrische Klinik, sind dann nicht mehr proustsch, sondern mehr und mehr kafkaesk. Wie Malte da im Saal wartet, immer länger warten muss inmitten dieser sich fast auflösenden Gestalten der anderen Patienten, wie er schließlich zur Konsultation hereingerufen wird und vor dieser Menge von (Asssitenz)Ärzten Rechenschaft ablegen soll, dann wieder zurückgeschickt wird, dann von der Concièrge oder Wärterin gemaßregelt wird und schließlich flieht, das hätte auch K. passieren können.


    Bei dieser Szene musste ich auch an K. denken. Überhaupt hat mir dieser Abschnitt besser gefallen als die Teile davor. Ich konnte mich mit der Figur endlich mal auseinandersetzen und ihre Beweggründe versuchen zu verstehen.




    Ohne den Kommentar meiner Suhrkamp-Ausgabe wäre ich bei einigen Abschnitte völlig orientierungslos. Es bleibt wie es war und ist, die Poesie ist mir zwar nicht feindlich aber doch spöttisch gesinnt. Immer muss sie mir meine Grenzen bewußt machen und meine Gewöhnlichkeit :sauer:


    Ich wünschte ich hätte auch eine Ausgabe mit einem Kommentar. Manche Szenen lese ich und habe dennoch keine Ahnung was ich überhaupt lese. Ich blättere zurück und kann nur den Kopf schütteln über einige Sätze, die für mich nichtssagend sind.


    Nach wie vor hinke ich hinterher, ich habe gerade mal 60 Seiten gelesen. Und meine Geschwindigkeit wird sich kaum ändern, da ich neben der Rilke-Lektüre leichte Kost brauche.


    Katrin


  • Etwa auf Seite 80 ist eine Stelle, die ich für eine Schlüsselaussage über die ganze Vorgehensweise beim Schreiben dieses Buches, über seine Prozeßhaftigkeit halte (obwohl sie sich an ihrer Stelle im Text auf etwas ganz anderes bezieht):


    "Das ergab ein seltsam gedämpftes Verhältnis von Tönen, die in innerlichen gegenseitigen Beziehungen standen, ohne sich über sie auszusprechen."


    Mit dem Zitat und deinem Kommentar machst du auch mir das Buch und Rilkes Intention etwas verständlicher. Mir wird aber noch nicht deutlich welche Schlüsse Malte (und hier kann man doch auch von Rilke sprechen, denke ich) aus seinen Gedanken zieht, die er aufgezeichnet hat. Für mich hat das Buch auch wieder etwas Unfertiges, das beendet wurde, weil Rilke in einen anderen Lebensabschnitt getreten ist und anderes in den Sinn bekam.
    Lässt sich sagen, dass ohne den Malte, Rilkes Werke kein Stück seiner Bedeutung verlieren würde und dder Malte mehr Bedeutung für ihn selbst, als für die Leser hat, quasi eine Selbstvergewissung in der Arbeit war?

  • Ich finde die Struktur des Romans zwar eigentlich auch ganz interessant - diese Gedankenfetzen und Kindheitserinnerungen -; mir geht es aber immer wieder so, daß ich mich kaum erinnern kann, was ich da alles gelesen habe. Ich kann mich z.B. nicht erinnern, was ich gestern abend vor dem Einschlafen noch gelesen habe (habe jetzt das Buch nicht da, um nachzuschauen). Davor kann ich mich an den Besuch bei dieser Familie mit dem abgebrannten Haus erinnern; die Schlittenfahrt in dieser extremen Winterlandschaft; der Geist des verschwundenen Hauses.


    Insofern fällt es mir schwer, hier in der Leserunde konkret etwas zur Handlung zu sagen. Erst wenn ich eure Beiträge über bestimmte Szenen lese, fällt mir wieder ein, daß ich das ja auch schon gelesen habe :rollen:. Vermutlich kann ich dieses Buch dann immer wieder lesen, weil ich mich nicht mehr erinnern kann, was darin vorkommt :zwinker:.


    Viele Grüße
    thopas


  • Vermutlich kann ich dieses Buch dann immer wieder lesen, weil ich mich nicht mehr erinnern kann, was darin vorkommt :zwinker:.


    Geht mir genauso. Gestern fragte mich mein Mann was ich denn da lese und ich habe gesagt: "Ganz ehrlich, ich habe keinen blassen Schimmer. Ich lese zwei Seiten und kann dir nicht mal eine Zusammenfassung liefern." Irgendwie macht mich das Buch immer ratloser.


    Katrin


  • Insofern fällt es mir schwer, hier in der Leserunde konkret etwas zur Handlung zu sagen.


    Geht mir genauso, total falsches Buch zum momentanen Zeitpunkt. Ich habe es zwar schon beendet, aber mit dem Vermerk, es bald mal wieder zu lesen :zwinker:


    LG
    Anita

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

  • Da bin ich froh, daß es nicht nur mir so geht... Ich denke, daß dieses Buch weniger von der konkreten Handlung lebt, als mehr davon, daß es eine bestimmte Stimmung aufbaut, in die man abtauchen können muß. Dazu bräuchte ich aber viel Zeit (und Ruhe), um auch mal längere Abschnitte im Buch zu lesen (ich glaube, Lost hat das auch schon mal erwähnt). Momentan geht das bei mir aber nicht. Also ist es auch bei mir der falsche Zeitpunkt um dieses Buch zu lesen... Vielleicht findet sich ja mal ein besserer Zeitpunkt :smile:.


    Trotzdem werde ich es jetzt natürlich zu Ende lesen :winken:.


    Viele Grüße
    thopas


  • Ich wünschte ich hätte auch eine Ausgabe mit einem Kommentar. Manche Szenen lese ich und habe dennoch keine Ahnung was ich überhaupt lese. Ich blättere zurück und kann nur den Kopf schütteln über einige Sätze, die für mich nichtssagend sind.


    Geht mir genauso. Gestern fragte mich mein Mann was ich denn da lese und ich habe gesagt: "Ganz ehrlich, ich habe keinen blassen Schimmer. Ich lese zwei Seiten und kann dir nicht mal eine Zusammenfassung liefern." Irgendwie macht mich das Buch immer ratloser.


    Die Schwäche des Buches besteht einfach darin, dass sein Autor Lyriker war und kein Romancier. Neben gelungenen Beschreibungen zu Beginn oder der Darstellung des Todes des alten Kammerherrn schleichen sich mit Fortgang des Buches immer stärker dieses "inhaltslosen" Passagen ein, ätherische Zuckerwatte ohne Substanz.



    Ich nähere mich dem Ende und muss zugeben, es fällt mir immer schwerer. Ohne den Kommentar meiner Suhrkamp-Ausgabe wäre ich bei einigen Abschnitte völlig orientierungslos. Es bleibt wie es war und ist, die Poesie ist mir zwar nicht feindlich aber doch spöttisch gesinnt. Immer muss sie mir meine Grenzen bewußt machen und meine Gewöhnlichkeit :sauer:


    :breitgrins: Man sollte Rilke auf seinem ureigensten Gebiet begegnen; seine Prosa ist zwischen schauderhaft (der "Cornet") und mühsam im vorliegenden Falle (obschon es auch sehr gelungene Passagen gibt). Als Lyriker (wenn man denn sowas mag - und ich gehöre nur sehr bedingt zu den Liebhabern der gebundenen Sprache) war er hingegen der Schlechteste nicht :zwinker:.


    Grüße


    s.


  • Die Schwäche des Buches besteht einfach darin, dass sein Autor Lyriker war und kein Romancier. Neben gelungenen Beschreibungen zu Beginn oder der Darstellung des Todes des alten Kammerherrn schleichen sich mit Fortgang des Buches immer stärker dieses "inhaltslosen" Passagen ein, ätherische Zuckerwatte ohne Substanz.


    Ja, da ist was dran. Ich vergleiche Rilkes "Malte" mit dem ebenfalls oft inhalts- und zusammenhanglosen, allein von persönlichen Gedanken und Reflektionen getragenen "Buch der Unruhe" von Fernando Pessoa. Auch Proust kommt mir in den Sinn. Ich mag diese Art von Büchern mittlerweile sehr, auch wenn sie anstrengend sind. Wer das Erzählen von Geschichten bevorzugt, kommt hier natürlich nicht auf seine Kosten.


    LG


    Tom

  • Das Buch der Unruhe ist mir auch schon in den Sinn gekommen, Tom. Der Vorteil von Malte ist allerdings, daß das Buch relativ kurz ist (nicht mal 200 Seiten in meiner Ausgabe), und daß es doch mehr Teile mit einer gewissen Handlung gibt (die ganzen Kindheitserinnerungen). Das Buch der Unruhe habe ich damals abgebrochen, da ich über 500 Seiten davon nicht geschafft hätte.


    Wenn du jetzt sagst, daß Proust ähnlich ist, dann werde ich mit der Lektüre wohl noch ein bißchen warten. Denn momentan bevorzuge ich doch Bücher, die ein gewisses Maß an Handlung haben.


    Viele Grüße
    thopas

  • Hallo!



    Das Buch der Unruhe ist mir auch schon in den Sinn gekommen, Tom. Der Vorteil von Malte ist allerdings, daß das Buch relativ kurz ist (nicht mal 200 Seiten in meiner Ausgabe), und daß es doch mehr Teile mit einer gewissen Handlung gibt (die ganzen Kindheitserinnerungen). Das Buch der Unruhe habe ich damals abgebrochen, da ich über 500 Seiten davon nicht geschafft hätte.


    In meiner Pessoa-Übersetzung (die vorgibt, ungekürzt zu sein), umfasst das Buch 300 Seiten. Aber der Vergleich hinkt: Denn das "Buch der Unruhe" ist kein zusammenhängendes Ganzes, sondern eher ein Skizzen- und Aphorismenbuch, eine - posthume - Sammlung von Aufzeichnungen, von der man durchaus bezweifeln darf, ob sie der Autor in dieser Form je veröffentlicht hätte. Der "Malte" hingegen will Roman sein, kann es aber nicht.



    Wenn du jetzt sagst, daß Proust ähnlich ist, dann werde ich mit der Lektüre wohl noch ein bißchen warten. Denn momentan bevorzuge ich doch Bücher, die ein gewisses Maß an Handlung haben.


    Die "Recherche" ist denn doch nur sehr bedingt vergleichbar. Für mich etwa gehörte es zum Faszinierendsten, in der "wiedergefundenen Zeit" viele Handlungsstränge und Gedanken zusammengeführt zu sehen und zu erkennen, dass Proust sein Werk als ein großes Ganzes komponiert hat. Andererseits gibt's natürlich Passagen, die einer gewissen Langeweile nicht entbehren: So kann ich etwa Seerosen nicht mehr betrachten, ohne sofort zu gähnen zu beginnen, da sie mich unfehlbar an die seitenlangen Proustschen Beschreibungen erinnern.


    Grüße


    s.

  • In meiner Pessoa-Übersetzung (die vorgibt, ungekürzt zu sein), umfasst das Buch 300 Seiten.


    Rund 550 in der Fischer-Taschenbuchausgabe. Neben einem andern Satzspiegel kann das auch daran liegen, dass - wie Du schon sagtest, scheichsbeutel^ - das Buch eine postume Sammlung ist, die m.W. von diversen portugiesischen und deutschen Herausgebern für diverse Neuauflagen dann auch erweitert und ergänzt wurde.


    Im übrigen wollte ich in etwa dasselbe zu Pessoa und Proust hier hinzufügen. Nur dass ich offenbar die Seerosen völlig verdrängt habe, an so was erinnere ich mich nämlich so gar nicht ... :breitgrins:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus