Hochliteratur / Lesegeschwindigkeit

  • Naja, was ist schon Hochliteratur. Die Ausschnitte auf deiner Seite haben mich jedenfalls besser unterhalten als so mancher, der die Originalität und den Witz schon im Titel führt und dann doch nichts anderes als ein geschwätziger Langweiler ist. Werde mich also mal am Papagei und dem Zitronentisch versuchen.


    Grüße


    s.


    der sich gerne unter seinem Niveau amüsiert :zwinker:

  • Ich bin froh, wenn ich mich nicht andauernd mit Hochliteratur vollpumpem muss. Ich liebe auch mittelgradige Literatur, was auch immer das sein mag, und war damals, als ich den hochverehrten Julian Barnes las, ganz entzückt.


    So. Das wars.


    Liebe Grüße
    von mombour, der z.Zt. mit Robert Merle in Malevil einen Atomschlag überleben muss. Aber keine Sorge, Weihnachten bin ich wieder im Hoch und lese den Don Quichote. :zunge:


  • Ich bin froh, wenn ich mich nicht andauernd mit Hochliteratur vollpumpem muss.


    Das Gefühl des "Müssens" habe ich überhaupt nie. Es ist einfach in der Regel so, dass mich etwa der MoE sehr viel besser unterhält als das, was gemeinhin unter Unterhaltungsliteratur figuriert. Ich muss mich nie zu einem Buch zwingen und eine gewisse Anstrengung beim Lesen macht einfach Spaß. Die Diskussion gab's im Großen Bücherforum ja des öfteren, dass jemand es als zu anstrengend empfindet, nach des Tages Mühen sich noch mit Klassikern zu beschäftigen. Ich fände das Gegenteil anstrengend, den Feierabend mit Mankell oder Coelho zu verbringen würde mir wenig Freude bereiten.


    "Müssen" - aus welchem Grund auch immer, einem Bildungsideal oder eines Berufes wegen, hielte ich beim Lesen für schlimm (ein Professor an der Germanistik erzählte mir mal in einer stillen Stunde, dass er schon seit rund 20 Jahren kein Buch mehr aus reinem Vergnügen gelesen habe; das fand ich wirklich tragisch. Er hat seine Uni-Karriere auch bald darauf beendet - und ich nehme an, dass ihm die Bücher nun wieder mehr Freude bereiten.) Vielleicht glaubt man in der Jugend noch zu müssen (bei mir war es teilweise so, es war der Wunsch, einfach alles lesen, wissen zu wollen, Büchergier), heute neige ich immer mehr dazu, vieles außen vor zu lassen und bestimmte Bücher wieder und wieder zu lesen. Canetti hat einmal bezüglich der Malerei gemeint, dass er mit einigen wenigen Bildern in seinem Leben das Auslangen gefunden hätte. Mir geht's, älter werdend, ein wenig so mit der Lektüre: Lieber die Strudlhofstiege fünfmal lesen, als mich durch 20 Neuerscheinungen quälen. Wobei das wirklich ein Sache des Alters ist: Ich spüre, dass ich nicht mehr unendlich viel Zeit habe und will diesen Rest nicht mit Lektüre verbringen, bei der die Wahrscheinlichkeit, dass sie mich langweilt, groß ist.


    Wobei ich vom mir unverständlichen Leseverhalten (etwa Dostoevskis) profitiere: Er trifft eine Art Vorauswahl für mich, aus manchem Zitat, Kommentar schließe ich, dass dies oder jenes vielleicht einen Versuch wert wäre (wie etwa der Barnes). Ich selber könnte aber niemals 15 oder 20 Bücher pro Monat lesen, das ist mit meiner Art des Lesens, die langsamer, bedächtiger ist, inkompatibel. Wobei sich bei mir auch die Lesegeschwindigkeit mit dem Alter verringert hat: Ich las mit Erstaunen von Leuten, die 40 Seiten pro Stunde schaffen. Wenn ich auf 20 komm ist's schon sehr viel.


    Grüße


    s.


  • Das Gefühl des "Müssens" habe ich überhaupt nie. Es ist einfach in der Regel so, dass mich etwa der MoE sehr viel besser unterhält als das, was gemeinhin unter Unterhaltungsliteratur figuriert. Ich muss mich nie zu einem Buch zwingen und eine gewisse Anstrengung beim Lesen macht einfach Spaß. Die Diskussion gab's im Großen Bücherforum ja des öfteren, dass jemand es als zu anstrengend empfindet, nach des Tages Mühen sich noch mit Klassikern zu beschäftigen. Ich fände das Gegenteil anstrengend, den Feierabend mit Mankell oder Coelho zu verbringen würde mir wenig Freude bereiten.


    Spricht mir aus dem Hirn!


    CK

  • Jetzt ist aber mal gut. :zwinker: Mein <a href="http://www.buecherlei.de/misc/leli/stat2.htm">Leseverhalten</a> ist doch eigentlich völlig normal. Ich sitze (nach der OP) seit 8 Wochen zuhause und tue nichts anderes als Surfen, an meiner Webseite basteln und ab und zu mal lesen. Wenn ich 10 bis 12 Bücher im Monat schaffe, dann sind das alle 2,5 bis 3 Tage eines. 100 Seiten am Tag durchschnittlich. An Arbeitstagen eher mehr, weil ich mich dann nur aufs Lesen beschränke und meine Zeit nicht mit Videos, Streams und Web 2.0 verplempere wie an freien Tagen. Pro Stunde schaffe ich nicht mehr als 30 bis 40 Seiten. Da ich in den letzten Monaten eher seichteres Gegenwartsliteratur las, wars eben etwas mehr als üblich. Das wird sich ändern, weil ich davon im Augenblick nämlich die Nase voll habe und außerdem meinen SUB abbauen muß.


    100 Seiten täglich würde bei meiner Lesegeschwindigkeit mindesten 5 Stunden bedeuten, wahrscheinlich 7 bis 8 Stunden. Selbst wenn ich so viel Zeit hätte - und ich habe mir mein Leben so eingerichtet, dass ich vergleichsweise sehr viel Freizeit habe, außerdem vom selben Übel geplagt bin wie du und mit Begriffen wie Lumboischialgie oder medio-lateraler Discusprolaps L3-L4, L5-S1 durchaus vertraut bin, daher in der Horizontalen viel Zeit mit Büchern verbringe; selbst wenn ich also diese 8 Stunden problemlos erübrigen könnte, so ist mein tägliches Aufnahmevermögen begrenzt und ich vermag zumindest über Tage ein solches Pensum nicht zu absolvieren.


    Zudem "musst" du ja auch schon wieder ;). Das mit dem SuB versteh ich im übrigen auch nicht wirklich. Ich habe unter meinen rund 6000 Büchern selbstverständlich eine Menge ungelesener, ich habe Gesamtausgaben vieler Klassiker, Fachliteratur etc., die als potentielle Nachschlagwerke dienen, auf die ich - durch Diskussionen hier oder in realiter - zurückgreifen können will. Und ich gehe manchmal an den Bücherregalen vorbei und überlege mir, was denn ich davon lesen könnte. Das wandert dann auf den Schreibtisch oder ein spezielles Regal, verdümpelt dann wieder oder wird tatsächlich gelesen. (Im übrigen ist eine der dümmsten Fragen, die Besucher bei mir stellen, jene, die sich - die für die meisten unvorstellbare Menge an Büchern erblickend - nach dem "Status der Gelesenheit" erkundigen: "Und das hast du schon alles gelesen?" Allein die Frage zeigt, dass der Fragende vom Lesen wenig versteht :smile:


    Grüße


    s.


    der vermutet, dass sandhofer hier bald seines Amtes walten und das Ganze in einen eigenen Thread verfrachten sollte.

  • "Und das hast du schon alles gelesen?" Allein die Frage zeigt, dass der Fragende vom Lesen wenig versteht :smile:


    Ich habe zwar nur rund ungefähr einen Drittel Deines Volumens, kenne die Frage aber durchaus. Und pflege jeweils todernst mit "Jawoll!" zu antworten. Der Rest ist dann meist Schweigen. :breitgrins:



    der vermutet, dass sandhofer hier bald seines Amtes walten und das Ganze in einen eigenen Thread verfrachten sollte.


    Erledigt ... :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Über meinen Schreibtisch hängt ein Zitat aus Hermann Brochs "Schlafwandler":


    "Sagen Sie mal, aber ehrlich, lesen Sie wirklich den Haufen Bücher, den Sie in Ihrem Zimmer herumliegen haben?"
    "Ja."
    "Merkwürdig ... und hat das irgendeinen Sinn und Zweck?"
    "Nicht den geringsten."


    -----
    Aber sich auf solche unsinnigen Anstrengungen immer wieder einzulassen, ist m.E. die Größe des Menschen...

  • Wie schrieb doch Wilhelm Raabe so schön: "Erst durch das Lesen lernt man, wie viel man ungelesen lassen kann."
    (Meine Erfahrung bestätigt diese Erkenntnis.)
    :zwinker:

  • Und Julien Gracq schrieb dazu 1974 in "Lettrines II" (vgl. JG: "Witterungen II", Graz - Wien 2005, S.59):


    "Mit zunehmenden Alter entsteht im Lauf der Lektüren unversehens eine Kluft zwischen den herausragenden Werken und allen anderen. Das Urteil ist von entscheidender Klarheit und unwiderruflich; mit zwanzig hingegen stiegen oder sanken meine Lieblingslektüren von einem Jahr zum anderen auf einer dicht besetzten Werteskala wie Börsenkurse."


    (Als dieses Notat veröffentlicht wurde, war Julien Gracq 64 Jahre alt.)


  • Bei mir Zustand nach Sequesterentfernung L4-5 nach Bandscheibenprolaps. Ab morgen gehe ich für 14 Tage 4 Stunden am Tag wieder arbeiten. Die Rehabilitation war ok. Aber ich habe eine Fußheberschwäche, die möglicherweise nicht augeheilt werden kann und die meinen Gang beeinträchtigt und durch Fehlbewegung auf Dauer viele Gelenke. Lumboischialgie als Dauerleiden bleibt mir ebenfalls erhalten.


    Nur kurz dazu, bevor uns sandhofer eine virtuelle geriatrische Klinik einrichtet (und er hat schon bezüglich des Still- und Schwangerschaftsthread im Schwesternforum allenthalben seine Skepsis bekundet): Erfahrungsgemäß bilden sich die meisten Fußhebeschwächen vollkommen zurück. Bei mir blieben Anfälligkeit und Schmerzen in beunruhigender Regelmäßigkeit. Dass du deine Tätigkeit als Krankenpfleger wieder aufnimmst, halte ich für ziemlich gewagt, da es kaum etwas gibt, das den Rücken den Rücken mehr belastet.


    Um die Stunden-Seitenzahl hatte ich mich nie gekümmert. Eben testete ich mal, indem ich die letzten 66 Seiten des 455 Seiten umfassenden Roman "Im Haus der Großen Frau" von Meir Shalev las und dafür ziemlich exakt 2 Stunden brauchte. Demnach lag ich mit meiner Vermutung eines Stundenschnitts von 30 bis 40 Seiten nicht schlecht. Aber oft eher weniger, denn weiß, daß ich an Frühdiensttagen meist 18 Uhr zu lesen beginne (nachdem ich 1,5 bis 2 Stunden geschlafen habe) und regelmäßig bis 22 Uhr lese - sind also 4 Stunden - 25 bis 30 Seiten pro Stunde. Kommt aber aufs Buch an. Lese ich einenn Georges Simenon, werdens auch mal 50 bis 60, bei Herman Burger vielleicht 20, bei Arno Schmidt schätzungsweise nur 10 bis 15 Seiten.


    Natürlich richtet sich die Lesegeschwindigkeit nach Art des Gelesenen, wobei es sich bei mir "ergibt", dass ich kaum Literatur lese, die sich schnell liest. Einfach weil - wie schon zuvor erwähnt - mir "anspruchsvolle" (was immer das genau ist) Bücher mehr Freude machen.


    Ich kann das, wie oft schon beschrieben, nicht. Mir drückt es angesichts ungelesener Bücher im Haus die Luft ab. Damit muß ich mich arrangieren - und lernte das seit 1989 (der Beginn meiner <a href="http://www.buecherlei.de/misc/leli/index.htm">Leselisten</a> ist nicht zufällig), seitdem dieser Zustand herrscht, ganz gut.


    Das nun versteh ich gar nicht. Die Lesegier und das Viellesen kann ich nachvollziehen (wobei ich mir selbst manchmal Zügel anlege, weil ich bei zu schnellem Lesen feststelle, dass ich zur Vergesslichkeit neige, das Ganze - bei mir - zu einem oberflächlichen Konsumieren versandet). Aber gerade die Tatsache, dass ich eine Menge Ungelesenes im Regal stehen habe, ist angenehm; wären da nur einige wenige (z. B. 50) ungelesene Bücher, würde mich das äußerst beunruhigen. Wie erwähnt: Hier stehen zahlreiche Nachschlagwerke und Gesamtausgaben von Klassikern; das geht von Platon über Goethe und Schopenhauer bis zu Th. Mann - und selbstverständlich lese ich die Weimarer Ausgabe nicht von Bd 1 bis 143. Und der Besuch in Antiquariaten zieht - bei entsprechend günstigen Preisen - allerlei irgendwo in der Zukunft liegende Lesevorhaben nach sich. Summa summarum: Da sammelt sich einiges an - und das zu meiner absoluten Beruhigung. (Zusätzlich viel Fachliteratur, die wohl rund die Hälfte meines Buchbestandes ausmacht: Auch die u. a. zu Nachschlagezwecken - oder aber das Buch wurde wegen eines einzigen Artikels angeschafft, der Rest bleibt vorläufig ungelesen.)


    Grüße


    s.

  • Die Lesegeschwindigkeit ist natürlich auch eine Frage des Trainings. Während des Studiums waren 100 Seiten pro Tag das Minimum, das tendierte eher in Richtung 200 bis 300, wenn ich die Nacht durchgelesen habe, habe ich auch schon mal 400 oder 500 Seiten gelesen (das waren natürlich Ausnahmen, aber etwa die "Flegeljahre", "Herzgewächse" oder Coopers "Satanstoe" in der Übersetzung Arno Schmidts habe ich so gelesen, also tagsüber begonnen, irgendwann so gegen 4.00 Uhr morgens beendet).


    Heute bin ich froh, wenn ich mich überhaupt mal für zwei, drei Stunden aufs Lesen konzentrieren kann, was selten genug vorkommt, in den letzten Wochen überhaupt nicht. Da reicht meine Konzentration meist nur noch für Filme & Serien auf DVD (Fernsehen schaue ich so gut wie nie).


    Was die ungelesenen Bücher angeht: von den rund 5.000-6.000 Büchern in meiner Wohnung habe ich ca. die Hälfte nicht gelesen. Aber ich würde die ungelesenen Bände vermissen (auch wenn ich seit einer kleinen Ewigkeit das Ziel "unter 1.000" habe).


    Ich habe mir dann auch seit längerer Zeit ein Kaufverbot auferlegt: keine CDs, keine DVDs und keine Bücher. Das halte ich bei CD/DVD auch ziemlich konsequent ein, bei Büchern gibt’s immer mal wieder einen Kaufschub, der dann prompt recht teuer wird.


    Um die Unterscheidung zwischen Hoch- und äh Niedrigliteratur kümmere ich mich rein gar nicht. Wenn mich ein Buch langweilt, lege ich es weg, ob das nun ein Klassiker ist oder ein Bestseller, ist mir wurscht. Meistens langweilen mich allerdings die Bestseller, weshalb ich auch eher selten dazu greife (die letzte große Ausnahme waren die Harry-Potter-Romane, die ich mehrfach mit großer Begeisterung gelesen habe).

  • Ach ja - von "müssen" halte ich bei der Lektüre überhaupt nichts, da regiert schamlos das Lustprinzip. Wobei auch komplexe ästhetische Strukturen sehr befriedigend sein können. Genauer: eigentlich sind nur die befriedigend, der Rest ist ein Knalleffekt, der einen nach kurzem Kitzel auf Dauer sehr unbefriedigt zurück lässt.


  • Und selbst wenn? Was für mich zählt, ist der Augenblick. Auch wenn literarische Vergeßlichkeit entstünde, so hilft doch immer die Zweit- und Mehrfachlektüre bei Werken, die einem dies wert erscheinen. Ich glaube und stelle mal die These auf, daß ein wirklich geübter Leser in genau der Geschwindigkeit liest, die für einen paßt! Das heißt, man spürt genaul, was richtig ist! Wenn ich merke, daß ich bei einem Buch zu schnell werde, lese ich laut weiter, was automatisch drosselt. Aber bei schwieriger Literatur lese ich langsamer, oft wiederhole ich Seiten, bei Büchern, die es nicht erfordern, zische ich eben durch.


    Natürlich: Wenn du dich damit wohl fühlst, wäre es vollkommen widersinnig, am Leseverhalten etwas zu ändern. Du hast schon mehrfach den Vergleich mit den Lesegewohnheiten der Leute im Großen Bücherforum gebracht (der mir so ernsthaft nicht erschienen ist, aber doch ernsthafter zu sein scheint, als ich annahm). Ich vermute, dass für diese Vielleser das Lesen ein Steckenpferd ist wie Zierfische oder Briefmarkensammeln. (Wobei ich gegen beide Tätigkeitkeiten nichts gesagt haben will.) Für mich ist das offenbar etwas gänzlich anderes, jedenfalls nicht mit anderen Hobbies vergleichbar. Lesen (und damit wissen, erfahren wollen) konstituiert meine Person, es ist die Neugier, die ich seit meinen ersten Leseerfahrungen als Kind und Jugendlicher ins nun gesetztere Alter unbeschadet mitgenommen habe.


    Mit dieser Neugier verbunden ist die Lektüre von Sach-, Fachbüchern. Diese macht (wenn man denn Biographie, Essay etc. zu diesen zählt) den zahlenmäßig größeren Anteil aus; ich kann über die Jahre hinweg feststellen, dass die Menge der gelesenen Romane, Erzählungen immer stärker zurückgeht. Ein Autor aus meiner Jugend hat mich bezüglich des Leseverhaltens vielleicht mehr geprägt als alle anderen - und eben ein Sachbuchautor: Hoimar v. Ditfurth. Ich glaube, dass es sich um "Im Anfang war der Wasserstoff" handelte, das mir als vielleicht 12jährigem in die Hände fiel und mich total faszinierte: Eine rational nachvollziehbare, verständliche, aber nicht dümmlich "kindgerechte" Darstellung der Welt, unserer Geschichte. Es hat meine Neugier auf alles und jedes geweckt (und v. a. natürlich auf naturwissenschaftliche Bücher), ich empfand das Buch als spannender denn jeden Wildwestroman - und ein wenig ist mir diese Haltung auch heute noch zueigen.


    Und nun ist es wohl die Art dieser Bücher, die ein solches Schnelllesen fast unmöglich macht. Derzeit - neben Amos Oz - ein Buch über "Poincarés Vermutung" (wobei mir die Vorstellung dreidimensionaler Mannigfaltigkeiten einige Mühe macht ;)) oder "Mathematik für alle" von Lancelot Hogben, eine Art historisches Mathematiklehrbuch, Mitte der 30iger Jahre geschrieben, von einer technisch-rationalistischen Begeisterung getragen, die heute ein wenig naiv anmutet. Aber dennoch informativ in zweierlei Hinsicht: Was die historische Entwicklung der Mathematik an sich anlangt als auch die romantisch-technischen Utopien der Zwischenkriegszeit betrifft. Würde ich diesen Büchern mit einer Lesegeschwindigkeit von 100 Seiten pro Tag zuleibe rücken wollen, so bliebe als Resultat der Lesefrüchte bloß der Titel und eine ungefähre Vorstellung vom Inhalt zurück. Das will ich nicht.


    Ich will allerdings nicht werten: Wer gerne Groschenromane liest (oder Coelho, oder Simmel, Hedwig Courts-Mahler etc.) und sich dabei wohl befindet, soll dies tun. Mich langweilt das, ich sehe auch keine Rosamund Pilcher Verfilmungen (wie eigentlich fast überhaupt keine Filme) - und würde ich das tun, so wäre das eigentlich Interessante eine Art Metasicht: Sich zu überlegen, warum derlei Bücher oder Filme so großen Erfolg haben. Dass ich wenig Freunde oder Bekannte mit solchen Lesevorlieben habe, liegt einfach in der Interessenlage. Hingegen gibt es nicht wenige Informatiker in meiner Umgebung, die mit Literatur üblicherweise gar nichts am Hut haben, mit denen ich mich aber (weil ich Programmieren einfach spannend finde) sehr gut unterhalten kann.


    Was "Hochliteratur" anlangt: Ich sehe das wie Giesbert, es regiert das reine Lustprinzip. Mir ist es völlig wurscht, ob irgendein Werk einem bestimmten Kanon zugeordnet werden kann. Aber auch dem zweiten Teil kann ich zustimmen: Kompliziertere Strukturen machen einfach Spaß; Denken macht Spaß (das ist wohl der Kernsatz für all jene, die behaupten, Anspruchsvolles wäre zu anstrengend. Es macht einfach Freude.). Wobei die Komplexität der Strukturen wiederum zulasten der Geschwindigkeit gehen.


    Bei dir habe ich ein wenig das Gefühl der Getriebenheit: Lesen, "erledigen" zu müssen. Wenn du dich aber - wie du oben beschreibst - dabei wohl und zufrieden fühlst, bleibt die schlichte Feststellung, dass Menschen eben aus ganz unterschiedlichen Gründen, den verschiedensten Beweggründen zu Büchern greifen.


    Zitat


    :vogelzeigen:


    Nana, im Straßenverkehr würde diese Geste mit Bußgeld geahndet werden ;).


    Grüße


    s.

  • Hallo,


    wenn ich richtig gezählt habe, habe ich im Jahre 2009 52 Bücher gelesen und 39 Rezensionen geschrieben. Das ist schon eine Menge, wenn ich bedenke, dass ich ja auch arbeiten muss und auch mal etwas anderes mache als lesen. Natürlich hat jeder seine eigene Lesegeschwindigkeite. Ich lese eher langsamer, weil ich nicht anders kann. Das Rezensionenschreiben ist ein guter Vorgang, sich noch einmal mit dem auseinanderzusetzten, was man gelesen hat (deswegen dauert es noch länger :breitgrins: ). Durch dieses Auseinandersetzten bleibt die Erinnerung an ein Buch länger erhalten, und es macht einfach noch mehr Spaß.


    Vielleicht kann ich es so sagen: Je anspruchsvoller ein Buch ist, desto langsamer lese ich, weil ich mehr denken muss (ein langweiliges Buch lese ich auch langsamer, weil der Widerwille da ist, bzw. ich breche ab).


    Liebe Grüße
    mombour

  • Also als ich in meinem Wahn war, habe ich so viele harte Brocken verschlungen, das es mir ganz schwindelig wird, wenn ich das jetzt mal bei Lichte betrachte. Damals habe ich nicht bemerkt wie sich meine Lesegeschwindigkeit geändert hat. (War aber schon in der Schule eine Schnell Leserin :zwinker:) Habe mir spontan eine Lesetechnik angeeignet, die sicherlich weit über das Normale geht. (praktisch in Punkte diagonal lesen) :zwinker: Habe aber auch eine Psychose (keine Sorge, war beim Arzt) und denke das dies der Grund ist zum Schnelllesen :zwinker: Ist aber echt verrückt :redface:
    Die Hauptsache ist aber bei aller Leserrei, dass es immer Spaß macht und man viele neue Erfahrungen sammeln kann. :zwinker: Also immer hübsch neugierig bleiben! :winken: Alles Liebe und alles Gute für das neue Jahr!


    LG, Bea

  • Schon in meiner Studienzeit habe ich entdeckt, daß stark unterschiedliche Lesegeschwindigkeiten eine reine Geschmacksfrage sind und keinerlei Qualitätsunterschied in der Lektüre bedeuten. Damals unterhielt ich mich mit einem anderen Studenten und erfuhr zu meinem Erstaunen, daß dieser zur Vorbereitung auf ein Seminar Nietzsches "Geburt der Tragödie" innerhalb einer Woche mehr als zwanzigmal komplett gelesen hatte. Ich hatte das Buch in dieser Zeit nur einmal gelesen - langsam und gründlich, wie es so meine Art ist ... Der Lerneffekt war wohl in beiden Fällen derselbe.