Juni 2009 - T. Mann: Buddenbrooks


  • ... hauptsächlich scheint ein geheimnisvolles Schicksal zu walten und den Buddenbrooks den Erfolg zu nehmen, ziemlich so, wie Konsul Buddenbrook es im ersten Kapitel über die Familie Ratenkamp sagt: Die Familie hatte abgewirtschaftet, da ließ sich nichts machen... - Eigentlich eine ziemlich merkwürdige Einstellung.
    Eine etwas plausiblere Erklärung deutet Thomas Mann an, als er Thomas Buddenbrook zu Tony sagen lässt, er sei nicht schlechter Stimmung, weil ihm ein Geschäft missglückt ist; es verhalte sich genau umgekehrt: weil er in schlechter Stimmung ist, missglücken ihm die Geschäfte.


    Hallo Nautilus,


    "Schicksal" oder Unvermögen: Was zehrt an den Kräften des einst so stolzen Hauses Buddenbrook? Ich halte Thomas`Selbsteinschätzung für zutreffend. Ihm fehlt der positive Geist, der für das Gelingen von Unternehmungen eine wichtige Voraussetzung ist. R.M. Rilke hat in einer Buddenbrook-Rezension sinngemäß dazu geschrieben: "Das Leben, indem es geschieht, ist gerecht." Diese Einstellung fehlt den "späten" Buddenbrooks. Jeder beklagt auf seine Weise sein Leid (Christian), seine Unlust, seine Frustrationen (Thomas) und Rückschläge (Tony).



    Kai Graf Mölln und Hanno Buddenbrook: heißen die nicht später mal Hans Hansen und Tonio Kröger?


    Exakt! Thomas Mann hat die Figuren Kai und Hanno einige Jahre später konsequent weiterentwickelt und daraus die Künstlernovelle "Tonio Kröger" erschaffen - sehr zum Leidwesen vieler Schüler, die sich mit diesem Werk herumplagen müssen - und das in einem Alter, in dem sie mit dieser Thematik wenig bis nichts anfangen können.


    Ein schönes Wochenende!


    Tom

  • Bislang noch unerwähnt in unserer Runde ist die rätselhafte und kunstsinnige Gerda Arnoldsen, Tonys frühere Pensionsgenossin und Gattin des Familienoberhaupts Thomas Buddenbrook. Anläßlich ihres ersten Besuchs in der Mengstraße wird sie wie folgt beschrieben: „ … hoch und üppig gewachsen. Mit ihrem schweren dunkelroten Haar, ihren nahe bei einander liegenden, braunen, von feinen bläulichen Schatten umlagerten Augen, ihren breiten, schimmernden Zähnen, die sie lächelnd zeigte, ihrer geraden, starken Nase und ihrem wundervoll edel geformten Mund war dieses siebenundzwanzigjährige Mädchen von einer eleganten, fremdartigen, fesselnden und rätselhaften Schönheit. Ihr Gesicht war mattweiß und ein wenig hochmütig ...“ (V, 8) Für die braven Lübecker Bürger ist sie ein sonderbares Wesen, „etwas auserlesen Feines“. „Welch ein Weib, meine Herren! Here und Aphrodite, Brünnhilde und Melusine in einer Person.


    Später wird sie als „ein wenig morbide“ beschrieben. „Tiefer und dunkler als sonst lagerten in den Winkeln ihrer nahe bei einander liegenden Augen bläuliche Schatten.“ Anläßlich eines geplanten Familienausflugs „hegte sie eine tiefe Abneigung gegen Unternehmungen wie die heutige; … Sie, deren Wohnräume meistens verhängt, im Dämmerlicht lagen, und die selten ausging, fürchtete die Sonne, den Staub, die festtäglich gekleideten Kleinbürger, den Geruch von Kaffee, Bier, Tabak … und über alles in der Welt verabscheute sie die Erhitzung, das Dérangement.“ (VI, 6)


    Mit Gerda Arnoldsen läßt Thomas Mann ein weiteres Element des Verfalls und der Dekadenz Einzug halten in der Lübecker Mengstraße. Sie wirkt auf mich wie die Botin aus einer Schattenwelt, einer Welt, in der die Geschäfte des Gatten keinerlei Bedeutung haben, etwas Profanes und sehr Banales sind. Sie hat einen starken Einfluß auf Thomas und gibt dessen Zweifel Nahrung. Ist es vielleicht übertrieben, in ihr so etwas wie einen Todesengel zu sehen?


    Ich bin sehr gespannt auf Eure Meinungen!


    Einen schönen Sonntag von


    Tom

  • So, ich habe nun auch den sechsten Teil beendet und fand es sehr interessant, wie Tony ihren Aufenthalt im "Ausland" erlebt.



    Permaneder willigt die Scheidung ein, entschuldigt sich und gibt das Mitgift zurück. Ein feiner Zug von ihm wie ich finde.


    Ich würde fast sagen: Permaneder ist froh über die Scheidung. Ich denke, er hatte keine Ahnung, wie es Tony in München erging - offensichtlich haben die beiden ja nie darüber gesprochen, was so ihre Erwartungen und Pläne im Leben sind. Daß Tony dann herb enttäuscht wird, weil Permaneder die Gemütlichkeit als Privatier lieber ist, als Karriere zu machen, kann Permaneder selbst vermutlich gar nicht nachvollziehen. Er bekommt vermutlich nur mit, daß seine Frau sich in München nicht recht akklimatisieren kann und sich zudem noch für etwas besseres hält, was die Eingewöhnung bei den "Nachbarn" schwer macht.


    Ich denke, daß Permaneder erst in dem großen Streit (nach seinem "Mißgeschick" mit Babette), bei dem Tony ihm plötzlich ihre ganze aufgestaute Wut und Verachtung hin"kotzt", erkennt, was sich da für Abgründe auftun. Er wird erkannt haben, daß Tony nicht in München leben kann, er selbst würde nie aus München weggehen, wie er an anderer Stelle schon mal geäußert hat. Also ist eine Scheidung das vernünftigste. Und Permaneder ist nicht Grünlich, er ist damit zufrieden, angenehm und in Frieden leben zu können; deswegen gibt er vermutlich auch die Mitgift anstandslos zurück.


    @ Tom
    Gerda Arnoldsen ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was die Buddenbrooks früher waren. Ihren ursprünglichen Entschluß, niemals zu heiraten und bei ihrem Vater zu leben, gibt sie Thomas zuliebe auf. Daß das evtl. keine gute Entscheidung ist, merkt man auch daran, daß sie erst spät ein Kind bekommt, und die Geburt für Mutter und Kind schwer ist; so als sollte es eigentlich kein Verschmelzung der beiden Welten geben. Ich weiß nicht, ob Gerda ein Todesengel ist, ich denke, sie ist ein Wesen aus einer anderen Welt, das nur aus Versehen in die Welt der Buddenbrooks gekommen ist und sich dort nicht richtig akklimatisieren kann (sie paßt sich allerdings ihrem Gatten zuliebe an, was Tony wiederum nicht geschafft hat bzw. gar nicht schaffen wollte...).


  • Ist es vielleicht übertrieben, in ihr so etwas wie einen Todesengel zu sehen?
    Tom


    Also ich sehe das so nicht, aber mal sehen wie sich alles entwickelt.

    Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst...ja, wenn man aber einander nicht richten soll, haben die Menschen nichts, um sich zu unterhalten.
    <br /> Maxim Gorkij


  • Gerda Arnoldsen ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was die Buddenbrooks früher waren. Ihren ursprünglichen Entschluß, niemals zu heiraten und bei ihrem Vater zu leben, gibt sie Thomas zuliebe auf. Daß das evtl. keine gute Entscheidung ist, merkt man auch daran, daß sie erst spät ein Kind bekommt, und die Geburt für Mutter und Kind schwer ist;


    Als "Ausgleich" für diese schwere Geburt, oder gar als "Rache" an der Buddenbrookschen Mittelmäßigkeit macht sich Gerda zielbewußt ans Werk, ihren Sohn durch eine musische Erziehung dem Vater zu entfremden.


    LG


    Tom


  • [quote='thopas','http://klassikerforum.de/forum/index.php?thread/&postID=37048#post37048']
    Als Ausgleich" für diese schwere Geburt, oder gar als "Rache" an der Buddenbrookschen Mittelmäßigkeit macht sich Gerda zielbewußt ans Werk, ihren Sohn durch eine musische Erziehung dem Vater zu entfremden.


    LG Tom


    Huch versucht das Gerda wirklich, ich weiß es nicht so genau. Hat sie das gesagt oder ist dies nur eine Vermutung? Ich sehe Gerda auch nicht als Verfall und Dekadenz. Aber vielleicht fehlt mir hier der Bezug und ich kann euch nicht wirklich folgen. Warum soll Gerda für alles hin halten? Es war doch wirklich eine Liebesheirat?!


    LG, Fuu

    Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst...ja, wenn man aber einander nicht richten soll, haben die Menschen nichts, um sich zu unterhalten.
    <br /> Maxim Gorkij

  • Ich bin aus dem Urlaub zurück und muss euch leider mitteilen, dass ich fertig bin.


    Eigentlich wollte ich das Buch ja nicht mitnehmen, aber mein Freund hat es eingepackt und da ich sehr viel Zeit hatte, habe ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen. Morgen werde ich mich näher dazu äußern, denn ich bin sehr beeindruckt von dem Buch.


    Katrin

  • Hallo alle miteinander,


    Über Gerda habe ich mir eigentlich gar keine richtigen Gedanken gemacht. Sie taucht auf, heiratet Thomas, sie bekommen ein Kind, was er nicht besonders mag, weil es seinen Vorstellungen nicht entspricht.
    Ich hatte eher das Gefühl, dass sie sich dann gezwungenermaßen mit ihrem Sohn ab gibt und als sie erkennt, wie musikalisch er ist, wird er zum Unterricht geschickt. Ich denke, sie wollte ihren Sohn nur vor seinem Vater beschützen, ihn aber nicht entfremden.


    Wie gestern schon geschrieben, hat mich das Buch sehr beeindruckt und sandhofer hatte Recht, als er schrieb, dass man sich so ein Buch nicht ausborgt, sondern es zu Hause stehen hat. Das werde ich jetzt auch nachholen und mir das Buch kaufen. Denn ich habe sicher nicht das letzte Mal in diesem Buch geschmökert.


    Ich möchte jetzt kurz auf einzelne Personen eingehen. Wer das Buch noch nicht kennt oder noch nicht fertig ist, sollte ab hier lieber nicht weiterlesen, da auch einiges zum Schluss verraten wird.


    Thomas Buddenbrook: Der sympathischste war er ja nie, aber so ein Ende hat er wirklich nicht verdient, wie er da im Straßengraben liegt und die Leute vorbeimarschieren und ihn liegen lassen. Aber die stärkste Aussage hat finde ich Gerda getroffen. Sie hat sich Sorgen darum gemacht, dass er nie so ausgesehen hat, da er immer so auf sein Äußeres bedacht war. Das war echt harter Tobak, wenn man bedenkt, dass ihr Mann gerade im Sterben liegt.


    Hanno: Er hatte ein armes Leben, wurde von seinem Vater schikaniert und vielleicht auch wegen seiner Schwäche gehasst und dann freundet er sich auch noch mit so einem Burschen an. Sein Schultag war eigentlich etwas langweilig, aber so hat man wenigstens verstanden warum er sterben will. Er scheint ja nicht mehr gekämpft zu haben, was ich sehr schlimm finde in seinem Alter.


    Konsulin Buddenbrook: Um sie tat es mir wirklich leid, vor allem als man sie nicht gehen lassen wollte. Das wäre heute unvorstellbar, dass man daneben steht und dem Patienten keine Schmerzmittel gibt, weil man nicht will, dass er ruhig einschläft. "Wegen der Verwandten wird das Leben hinausgezögert" - was war denn das bitteschön für eine Einstellung?


    Christian: Bei ihm bin ich immer hin und her geschwankt - einerseits mochte ich ihn und andererseits konnte ich ihn nicht verstehen. Das Ende das er bekommen hat, hat auch er nicht verdient. Er hat sich seine Frau zwar gegen jeden Willen selbst ausgesucht, aber dass sie ihn dann in der Anstalt schmoren lässt, nur um sich ein schönes Leben zu machen, war ein starkes Stück.


    Frau Permander: Sie ist mir im Laufe des Buches immer unsympathischer geworden, allein ihre Art wie sie um die Möbel geweint hat. Dabei war sie am Anfang des Buches die sympathische kleine Tony, die am Ende jede Sympathie bei mir verspielt hat.


    Alles in allem ein großartiges Buch, ich hätte nie gedacht, dass es so schnell und leicht zu lesen ist. Meiner Ansicht nach sucht es seinesgleichen in der Literatur und Mann hat nicht zu Unrecht dafür den Nobelpreis bekommen. Eines ist sicher: Das war nicht mein letzter Mann.


    Katrin


  • Ich sehe Gerda auch nicht als Verfall und Dekadenz. Aber vielleicht fehlt mir hier der Bezug und ich kann euch nicht wirklich folgen. Warum soll Gerda für alles hin halten? Es war doch wirklich eine Liebesheirat?!



    Über Gerda habe ich mir eigentlich gar keine richtigen Gedanken gemacht. Sie taucht auf, heiratet Thomas, sie bekommen ein Kind, was er nicht besonders mag, weil es seinen Vorstellungen nicht entspricht. Ich hatte eher das Gefühl, dass sie sich dann gezwungenermaßen mit ihrem Sohn ab gibt und als sie erkennt, wie musikalisch er ist, wird er zum Unterricht geschickt. Ich denke, sie wollte ihren Sohn nur vor seinem Vater beschützen, ihn aber nicht entfremden.


    Hallo, Ihr Lieben,


    zum Dreieck "Gerda/Thomas/Hanno": Für Thomas ist es eine Liebesheirat, über Gerdas Heiratsmotive erfahren wir nichts, wenn ich mich recht erinnere. Als mondänes Stadtkind fühlt sie sich allerdings im spießigen Lübeck sehr schnell als Fremde, auch für die Geschäfte und Sorgen ihres Mannes interessiert sie sich nicht. In Hanno formt sie sich einen Gleichgesinnten, einen Seelenverwandten - etwas, das sie schmerzlich vermisst in der neuen Heimat. Damit treibt sie (bewußt?) einen Keil zwischen Vater und Sohn, was ihr aber keinerlei Gewissensnöte verursacht. Es ist deshalb nicht völlig aus der Luft gegriffen, in ihr ein "zersetzendes Element" zu sehen. "Für alles hin halten", wie Fuu schreibt, muss sie deshalb nicht. Gerda fällt einfach aus der traditionellen Werteordnung des Hauses Buddenbrook ("Sey mit Lust bei den Geschäften ...").


    LG


    Tom


  • Aber die stärkste Aussage hat finde ich Gerda getroffen. Sie hat sich Sorgen darum gemacht, dass er nie so ausgesehen hat, da er immer so auf sein Äußeres bedacht war. Das war echt harter Tobak, wenn man bedenkt, dass ihr Mann gerade im Sterben liegt.


    Hallo Katrin,


    das würde ich gern nachlesen. Weißt Du noch in welchem Kapitel es steht?


    LG


    Tom

  • Hallo Tom,


    Meine Mutter hat Ende Juli Geburtstag und ist ein leidenschaftlicher Fan von Thomas Mann. Ich weiß nur, dass sie das Buch: "Die Manns" schon hat. Wäre dein Buch dann noch sinnvoll? Ich weiß nämlich nicht was ich ihr schenken könnte. :zwinker: Sie hat schon so viel Bücher...eine richtige Qual ihr ein gutes Buch zu schenken. Danke im Voraus! :winken:


    LG, Fuu

    Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst...ja, wenn man aber einander nicht richten soll, haben die Menschen nichts, um sich zu unterhalten.
    <br /> Maxim Gorkij


  • Wäre dein Buch dann noch sinnvoll?


    "Die Manns" kenne ich nur als relativ langatmigen TV-Mehrteiler (mit A. Müller-Stahl in der Rolle des Thomas Mann). "Über mich selbst" enthält eine Reihe autobiographischer Skizzen, ist also keine Biografie. Mehr als Amazon Dir verraten kann, weiß ich auch (noch) nicht.


    LG


    Tom


  • Aber die stärkste Aussage hat finde ich Gerda getroffen. Sie hat sich Sorgen darum gemacht, dass er nie so ausgesehen hat, da er immer so auf sein Äußeres bedacht war. Das war echt harter Tobak, wenn man bedenkt, dass ihr Mann gerade im Sterben liegt.


    Ich glaube nicht, dass Gerda das lieblos gemeint hat. Thomas Buddenbrook hat sich wirklich sehr um sein Aussehen gekümmert (Anzüge vom besten Hamburger Schneider, er brauchte lange, bis er morgens mit der Toilette fertig war...). Ich sehe in Gerda Buddenbrooks Bemerkung eher die Aussage, dass er nicht nur im Sterben liegt, sondern dass er durch die Art seines Todes auch noch seine, tja Würde verloren hat oder sein perfektes Äußeres, auf das er so viel Wert gelegt hat.


    Zu Hanno/Thomas B./Gerda B.
    Ich glaube nicht, dass es Gerdas Absicht ist, Hanno ihrem Mann zu entfremden. Sie wirkt allerdings auch nicht auf Hanno ein, dass er sich mehr Mühe gibt, es seinem Vater recht zu machen. Ironischerweise ist es ausgerechnet Christian Budenbrook, der Hanno rät, neben Musik und Theater auch die "wichtigen Dinge" im Leben nicht zu vernachlässigen. Wichtig im Sinne des Kaufmanns und Erben eines großen Handelshauses.
    Aber die Initiative zur Musik und zum Theater geht doch eindeutig von Hanno aus. Er setzt sich ins Musikzimmer, wenn Gerda B. und Herr Pfühl (oder Pfohl) musizieren, er wünscht sich nach dem Besuch des "Fidelio" ein kleines Theater.
    Auch die Buddenbrooks waren immer der Musik ausgesetzt, der alte Monsieur Buddenbrook spielte sogar die Flöte. Aber vor Hanno hat keiner von ihnen das wichtig genommen, mehr darin gesehen als einen netten Zeitvertreib. Es ist Teil von Hannos Wesen, dass er in der Musik ganz aufgeht. Seine Mutter hat wenig damit zu tun. Jedenfalls glaube ich, dass Th. Mann uns das so rüberbringen will.


    Hanno ist die letzte Stufe in einem Verfallsprozess - weniger wertend ausgedrückt: in Hanno zeigt sich die Entwicklung, die die Familie Buddenbrook von Generation zu Generation genommen hat, am deutlichsten.
    Der alte M. Buddenbrook war ein sehr erfolgreicher Kaufmann, netter Gesellschafter, aber auch nicht mehr.
    Konsul Buddenbrook hatte den Hang zum Religiösen, der es ihm mitunter schwer gemacht hat, die Interessen der Firma richtig zu vertreten.
    Thomas Buddenbrook hat den Ehrgeiz, es zu etwas zu bringen, es seinen Vorfahren gleichzutun oder sie noch zu übertreffen, und bringt eigentlich auch die Voraussetzungen dazu mit. Bloß: "er denkt zuviel. Das zehrt" (wie es der Hauptmann zu Wozzeck sagt). Aber er hält die Fassade aufrecht, und seine Umwelt merkt nichts davon.
    Hanno ist dann das Geschäft völlig egal etc. pp.


    Edit: Ich bin auch schon durch mit dem Buch.


    Edit 2: @ jaqui: Was hast Du gegen Kai???


    Edit 3: Gerdas Bemerkung über das Aussehen des halbtoten Thomas B. steht im XI. Teil, Kap. 8.


    Edit 4: Jetzt habe ich noch was vergessen: Gerda Arnoldsen als Todesengel? Ich glaube nicht. Ich stimme thopas voll und ganz zu.

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  • Edit 2: @ jaqui: Was hast Du gegen Kai???


    Du meinst meine Aussage "so ein Bursch"? Ich finde Kai ganz nett und auch witzig, aber die Buddenbrooks haben ja alle einen halben Anfall bekommen als sie gesehen haben, mit wem Hanno sich angefreundet hat. Wirklich akzeptiert wurde er in der Buddenbrookschen Familie ja von niemanden.


    Vielleicht habe ich Gerdas Aussage überbewertet, aber bei mir kam sie sehr abwertend an.


    Katrin

  • Du meinst meine Aussage "so ein Bursch"? Ich finde Kai ganz nett und auch witzig, aber die Buddenbrooks haben ja alle einen halben Anfall bekommen als sie gesehen haben, mit wem Hanno sich angefreundet hat. Wirklich akzeptiert wurde er in der Buddenbrookschen Familie ja von niemanden.


    Vielleicht habe ich Gerdas Aussage überbewertet, aber bei mir kam sie sehr abwertend an.


    Katrin


    Ach so, es war aus der Sicht der Buddenbrooks. Das hatte ich falsch verstanden.


  • Gerda Arnoldsen als Todesengel? Ich glaube nicht.


    Warum nicht? Mit ihrer Ankunft in Lübeck gewinnt der Niedergang der Buddenbrooks an Fahrt. Der geschäftliche Erfolg bleibt immer häufiger aus, Thomas wird immer egozentrischer (häufiger Wechsel der Kleidung), verschwenderischer (das neue Haus), streitsüchtiger (Konfrontationen mit Christian) und grüblerischer (Schopenhauer-Lektüre). Hanno schließlich, als geplanter Nachwuchs des Kaufmanns ohne Fortune, fällt komplett aus dem familiären Rahmen, wird gar "kunstsinnig", was heute noch, aus dem Mund eines Kaufmanns gesprochen, ein Schimpfwort ist. Gerda steht all dem gleichgültig gegenüber. Am Schluß verläßt sie Lübeck, als habe ihr "Auftrag" sich erfüllt.


    Vielleicht ist all das eine Überinterpretation der Figur Gerda Arnoldsen. Ich komme aber nicht umhin, ihr in der gesamten Geschichte eine sehr wichtige Bedeutung zu verleihen (zumal sie schon sehr früh auftaucht, nämlich als Tonys Pensionsgefährtin). Für mich ist sie das "Gegenmodell" sowohl zu der etwas dümmlichen, eingebildeten Tony als auch zu der in hohlen Konventionen erstarrten Konsulin. Gerda ist selbstbewusst und unabhängig. Eine ähnliche Figur hat Thomas Mann wenige Jahre vor "Buddenbrooks" in der Erzählung "Der kleine Herr Friedemann" auftreten lassen: Gerda (!) von Rinnlingen (die übrigens auch den friedfertigen und braven Friedemann zugrunde richtet). Zufall?



    Volle Zustimmung!


    Viele Grüße


    Tom