Nietzsche/Hitler


  • "Peinlich" wird die Geschichte IMO nicht angesehen, eher stellt sich ein anderer Überdruß ein, nämlich sich endlich von den Fesseln der Vergangenheit zu befreien und als junger Mensch nicht mehr mit den wohlbekannten Greultaten der Vorfahren in Verbindung gebracht zu werden.


    Diese Ansicht habe ich teils bei der Bevölkerung. Immer wird man dran erinnert. Und manchmal frage ich mich auch: Warum um Himmels willen soll ich für was grade stehen was meine Großeltern gemacht haben?
    Vor allem, als sich der Bundespräsident (war es Klestil?) bei den Juden entschuldigt hat für die ganzen Greultaten, gab es sehr unterschiedliche Meinungen in meinem Bekanntenkreis.


    Die einen fandes es gut, die anderen eine Katastrophe. Ich denke, dass man daher auch in Österreich keine vernünftige Ausländerpolitik betreiben kann. Spricht man das Thema an, dass es eventuell Einreise-Auflagen geben soll - wie in Australien - wird man schon als Nazi hingestellt. Ich finde das bescheuert.


    Haben eure Großeltern/Verwandte eigentlich oft vom Krieg gesprochen? Meine wohnten bei uns im Haus und Oma wollte davon nie was wissen und mein Opa hat sich mit mir jeden Kriegsfilm angeschaut und mir davon erzählt. Leider ist er gestorben als ich 14 war.


    Katrin


  • "Peinlich" wird die Geschichte IMO nicht angesehen, eher stellt sich ein anderer Überdruß ein, nämlich sich endlich von den Fesseln der Vergangenheit zu befreien und als junger Mensch nicht mehr mit den wohlbekannten Greultaten der Vorfahren in Verbindung gebracht zu werden.


    Im Erbrecht kann man unangenehme Erben ausschlagen, aber nicht teilweise: Wäre es wirklich wünschenswert bei null anzufangen? (Natürlich geht das nicht auf gesellschaftlicher Ebene, aber wieviele wären schon nur dazu bereit, das materielle Erbe der Grosseltern auszuschlagen?) Oder sollte man es pragmatischer anschauen und die Hypothek auf sich nehmen und dafür auch die deutschen Kultur- und Technologieerfolge erben? Dank Inflation, wird sich die Hypothek schon einmal von selbst zurückbezahlen, aber das geht noch eine Zeitlang...



    Grüsse
    alpha



    p.S. Etwas anderes ist aktuelle Tagespolitik: Die sollte meiner Meinung nach nicht geschichtsbelastet sein: Weshalb sollten Australier ausländerfeindlicher sein dürfen als Deutsch und Österreicher? - Natürlich sollten es alle NICHT sein!

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Liebe Leute,
    ich schließe mich Alpha an.
    Ich bin stolz auf Goethe und Beethoven. Dann kann ich nicht selektiv schlimme Taten meines Landes, auch wenn es unangenehm ist, dem Vergessen und Verschweigen überlassen.
    Emma

  • Wenn man aufhört, in Possessivpronomen zu denken, stellt sich die Stolzfrage sowieso nicht. So wenig wir Papst sind und die Polen Papst waren, gehört uns Goethe, den Briten Shakespeare, den Italienern Dante...


    Gronauer

  • Ja, wenn Patriotismus und Possesivpronomen ihre Bedeutung einbüssen, gibt es natürlich keinen Grund mehr auf das eine stolz zu sein und für das andere "verantwortlich gemacht" zu werden. Und ein solcher Zustand ist imho anstrebenswert.
    Allerdings scheint mir, dass es oft dieselben Leute sind, welche die Sonnenseite sehen wollen und die Schattenseite nicht.



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Mit Mein und Dein ist das sowieso ein eigen Ding. Wer auch nur der deutschen Zunge mächtig ist, wird hier ganz flink eingemeindet - Mozart stand ja mal zur Wahl als einer der größten Deutschen. Geht Beethoven überhaupt als Deutscher durch? War Einstein Deutscher, Schweizer oder Amerikaner? In welchem Sinne war Bach Deutscher und nicht etwa Sachse? Goehte Frankfurter (..."neische, du Schmerzensreische...")?
    Da halte ich es lieber mit Ludwig Börne: Keinem Vaterlande geboren!


    Gronauer

  • Liebe Leute,
    nun bin ich doch etwas erschrocken, was ich ausgelöst habe mit meiner flapsigen Aussage (beim Mailen muß man halt genau sein, weil man sich ja nicht mit dem gesamten Background kennt, was zu Misverständnissen führen kann, wie ich merke).
    Ich wollte sagen, dass man aus seiner Kultur und Geschichte nicht "Rosinen picken" sollte, also nur die Dinge für sich reklamieren, die einem gefallen. Für mich heißt das, dass auch die Nazizeit dazugehört.
    Ich habe mit Goethe und Beethoven nichts Besonderes im Sinn. Sie waren symbolisch für die positiven Seiten im Gegensatz zu Hitler und seine Vasallen gemeint.
    Auch gehöre ich nicht zu denjenigen, die meinen "stolz auf Deutschland" (oder auf deutsche Kultur) sein zu müssen.
    Allerdings meine ich, dass man, auch wenn man versucht, von seiner Kultur, Zeit, Geschichte usw. unabhängig zu werden, doch partiell gebunden bleibt. Man merkt das spätestens, wenn man länger im Ausland ist.
    Ich halte es auch für sinnvoll, dem nachzugehen, woher man kommt (persönlich, gesellschaftlich, kulturell). Aber auch das nicht selektiv nur mit den Teilen, die einem gefallen.
    Ich hoffe, nun ist es klarer geworden, was ich meinte.
    Emma