Klassiker-Warnungen

  • Ich finde diesen Klassiker- Warnungen-Thread nicht schlecht, aber noch mehr würde ich mich über Klassiker-Empfehlungen freuen.
    Gerade nicht so ganz bekannte Namen wären da für so manchen Neueinsteiger eine Bereicherung.


    So manche Warnung ist aus der Sicht eines anderen Lesers eine Empfehlung. Ich bin jedenfalls gespannt, welche Titel hier noch genannt werden.


    Gruß, Thomas

  • Da sich die Argumente im Kreis zu drehen beginnen, verzichte ich darauf, in der Sache selbst nochmals zu antworten und harre gespannt der Dinge, die da kommen sollen. Jedenfalls werde ich's wie Thomas halten und die Warnungen eher als Aufforderung verstehen, mir selbst ein Bild zu machen.


    Uhu

    Das Universum, das andere die Bibliothek nennen [...] (J.L. Borges, Die Bibliothek von Babel)

  • Ich finde diesen Klassiker- Warnungen-Thread nicht schlecht, aber noch mehr würde ich mich über Klassiker-Empfehlungen freuen.
    Gerade nicht so ganz bekannte Namen wären da für so manchen Neueinsteiger eine Bereicherung.


    Vielleicht hätten die versierten Leser und Leserinnen dazu Lust!?


    Kleiner Tipp: Dafür klickst Du dich am besten mal durch sämtliche Threads in diesem Unterforum "Klassische Autoren und Werke". Es sind unter Garantie mehr Empfehlungen als Verrisse :zwinker: .


    So manche Warnung ist aus der Sicht eines anderen Lesers eine Empfehlung.


    Ich sage nur: Arno Schmidt. (Den Giesbert - nebenbei gesagt - sehr gut kennt ;).)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Danke für den Tipp! Ich werde mich hier noch gründlich umschauen und sicher viele Anregungen finden.


    Es darf nur nichts sein, was nicht Prosa ist. Mit sämtlichen Dramen, Tragödien und Komödien stehe ich seit jeher auf Kriegsfuß. Durch Dantes "Göttliche Komödie" und sogar den Homer habe ich mich durchgequält.
    Die würden alle auf der Liste meiner Klassiker-Warnungen stehen. Damit würde mich aber hier sicher niemand ernst nehmen. Oder gibt es noch andere, denen diese Art der Dichtkunst auch so gar nicht liegt?


    Ich hoffe, ich darf nach dieser Enthüllung trotzdem hier bleiben!

  • Wenn also Giesbert als der Reich-Ranicki des Klassikerforums amten will


    das will er aus verschiedenen Gründen ganz bestimmt nicht 8-)


    Ich habe jedenfalls nicht vor, den Alleinunterhalter zu geben, sondern dachte mir, dass es doch noch mehr Leute geben muss, die sich über ihre Klassiker-Lektüre geärgert haben.


    (Wie man nun allerdings den Zauberberg als "langweilig" empfinden kann, vermag ich nicht wirklich nachzuvollziehen. Den Werther habe ich seit bestimmt 30 Jahren nicht mehr gelesen. Und habe sicherheitshalber auch nicht vor, das zu ändern ;-))

  • (Wie man nun allerdings den Zauberberg als "langweilig" empfinden kann, vermag ich nicht wirklich nachzuvollziehen.


    Womit wir dann doch und endlich beim persönlichen Dogma angelangt wären.


    Das Thema dieses Threads gab es eigentlich vor, denn der persönliche Geschmack bleibt, doch bei all unserer (gern zu Schau getragenen) literarischen Toleranz, doch auch immer eine und damit seine/deine/meine - literarisch heilige Kuh, geht mir ebenso und um es im Sinne Fontanes zu sagen:
    Kenn ich, kenn ich!


    @ Giesbert,


    du magst - Henry David Thoreau: Walden nicht, es stört und störte mich nicht, warum allerdings meine Abneigung gegen den Zauberberg und Thomas Mann dann dich zu solch einer etwas doch "orthodoxen" Bemerkung hinreißen ließ, dabei immer mit dem Thema dieses Threads als Balken im Augen, das ist mir dann doch etwas, sagen wir einmal vorsichtig - sehr merkwürdig.

  • Womit wir dann doch und endlich beim persönlichen Dogma angelangt wären.


    Ich glaube schon, dass man "überpersönliche" Gründe angeben kann, warum man einen Text gut findet oder schlecht. Erst in der Gewichtung dieser Gründe wird es dann "persönlich". So kann ich Giesberts Kritik an Walden durchaus nachvollziehen und stimme ihr sogar zu - dennoch habe ich dieses Büchlein schon zweimal gelesen und gerne gelesen. Weil für mich die von ihm kritisierten Punkte nicht im Vordergrund stehen.


    Warum der Zauberberg langweilig ist - da möchte auch ich hingegen gerne noch mehr wissen, denn "langweilig" ist halt nun eine sehr subjektive Katgorie. ;)


    Ich persönlich würde z.B. generell vor dem Romancier Goethe warnen. Weil Goethe nun mal keine Ahnung davon und kein Interesse daran hatte, wie längere Prosatexte zu konstruieren wären. Der Werther wird als Briefroman propagiert; in Tat und Wahrheit ist es ein Tagebuch. Die Wahlverwandtschaften sind eine viel zu lang geratene Novelle; für einen Roman dieser Länge fehlt einiges Personal. Wilhelm Meisters Lehrjahre ist absoluter Wildwuchs (aber das war damals modern - also romantisch) und mit einem fürchterlich platten Schluss versehen; die Wanderjahre ein Ragout aus Resten von Goethes Alterswerkstatt ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Ich persönlich würde z.B. generell vor dem Romancier Goethe warnen. Weil Goethe nun mal keine Ahnung davon und kein Interesse daran hatte, wie längere Prosatexte zu konstruieren wären. Der Werther wird als Briefroman propagiert; in Tat und Wahrheit ist es ein Tagebuch. Die Wahlverwandtschaften sind eine viel zu lang geratene Novelle; für einen Roman dieser Länge fehlt einiges Personal. Wilhelm Meisters Lehrjahre ist absoluter Wildwuchs (aber das war damals modern - also romantisch) und mit einem fürchterlich platten Schluss versehen; die Wanderjahre ein Ragout aus Resten von Goethes Alterswerkstatt ...


    Und nehmt diese Warnung als Anlass, Wilhelm Meisters Wanderjahre zu lesen! Im Großen und Ganzen mag der Roman schlecht sein, aber im Kleinen und Feinen ist er wunderschön. Ja, du sagtest ja: "Ein Ragout aus Resten von Goethes Alterswerkstatt" - wo ist da das Abschreckende? Ich habe die Wanderjahre vielleicht weniger als Roman denn als Aphorismensammlung genossen. Aber ich habe ihn genossen wie ich nur selten ein Werk genossen habe. Hunderte Sätze habe ich angestrichen und mir herausgeschrieben, weil sie so bemerkenswert sind. Und "die neue Melusine", die ein Bestandteil des Romans ist, ist noch immer mein Lieblingsmärchen.


    Allerdings muss ich dir bei der Bewertung der Wahlverwandtschaften zustimmen! :redface: Die Lehrjahre stehen mir noch bevor.


    Lieben Gruß

  • Ich persönlich würde z.B. generell vor dem Romancier Goethe warnen. Weil Goethe nun mal keine Ahnung davon und kein Interesse daran hatte, wie längere Prosatexte zu konstruieren wären. Der Werther wird als Briefroman propagiert; in Tat und Wahrheit ist es ein Tagebuch. Die Wahlverwandtschaften sind eine viel zu lang geratene Novelle; für einen Roman dieser Länge fehlt einiges Personal. Wilhelm Meisters Lehrjahre ist absoluter Wildwuchs (aber das war damals modern - also romantisch) und mit einem fürchterlich platten Schluss versehen; die Wanderjahre ein Ragout aus Resten von Goethes Alterswerkstatt ...
    [/quote]


    Ich finde es ausgesprochen wohltuend, das hier zu lesen, weil ich mit dem Herrn Geheimrat noch nie viel anfangen konnte. Jetzt weiß ich auch, warum. Nachdem er sich mit der Prosa schwer tat, und ich mit seinen Dramen, werden wir nie zueinander finden.


    Danke, sandhofer! Hier bin ich im richtigen Forum gelandet.

  • Hallo zusammen,


    ich wage es mal, auch wenn es Haue gibt: Finger weg von Hermann Hesse (vor allem wenn die Pubertät überwunden ist).


    liebe Grüße
    donna

  • Hallo Donna


    Es gibt weder Haue noch Schelte, jedenfalls nicht von mir, weil ich zu Sinn oder Unsinn von Klassiker-Warnungen nichts mehr sage. Aber:


    Hast Du mal das Glasperlenspiel gelesen? Ich glaube nicht, dass man davon viel hat, bevor man die Pubertät überwunden hat. Auch zu vielen Gedichten Hesses habe ich erst viel später Zugang gefunden.


    Gruss


    Uhu

    Das Universum, das andere die Bibliothek nennen [...] (J.L. Borges, Die Bibliothek von Babel)

  • Mich entsetzt die Ablehnung Goethes und ich könnte euch Abhandlungen über die Schönheit des "Werther" und über die wundervollen, klugen, anrührenden, einfühlsamen "Wahlverwandtschaften" schreiben. Aber was soll`s? Was soll dieses Top und Flop-Getue? Es sagt doch viel mehr über jeden von uns aus, über unsere Vorlieben, unseren Unverstand, unsere Ignoranz, als über die alten Meister, wenn wir hier Lob und Tadel verteilen. Und Reich-Ranicki ist doch nun wirklich kein Vorbild in Sachen guter Geschmack oder Sachverstand. Er schätzt Brecht (nichts gegen Brecht) höher als Hölderlin, von Musil und Celan hält er nicht viel, Raabe gehört für ihn zum alten Eisen. Sicher, er hat auch seine Verdienste, aber kann so jemand ein Maßstab sein?
    Ich gebe zu, es fällt mir schwer, Menschen, die sich mit Literatur beschäftigen, ernst zu nehmen, wenn sie sagen, dass sie von Goethe, Dante, Homer, Thomas Mann (und weiss der Himmel, was da sonst noch für grausige Enthüllungen lauern), nichts halten. Denn ich lebe nach dem Motto: Ich lese, also bin ich und du bist, was du liest.
    Aber sei`s drum, hier kommt mein Outing: Ich halte von Karl May, Uwe Jonhson, von der ganzen Gruppe 47 und von Arno Schmidt (nur seine Poe-Übersetzungen sind grandios) nichts. Nach vielen Anläufen ist es mir irgendwann gelungen einen Roman von Jane Austen (Sinn und Sinnlichkeit) zu lesen. Ich fand ihn recht nett und amüsant, aber ehrlich gesagt auch ziemlich langweilig. Mal sehen, wann ich wieder etwas von ihr probiere. Den "Ullyses" müsste ich eigentlich wieder mal lesen, denn die erste Lektüre liegt ewig zurück und war für mich keine Offenbarung. Hesse ist der größte Kitsch.
    Diese Einschätzungen sind natürlich subjektiv (nur bei der Gruppe 47 sind sie zugleich auch politisch) und haben damit zu tun, dass ich beim Lesen auf existentielle Erschütterungen warte. Ich glaube, es gibt die Schmidt-Menschen und die Bernhard-Menschen, zu den letzteren gehöre ich.
    Viele Grüße
    Die Leserin


  • ich wage es mal, auch wenn es Haue gibt: Finger weg von Hermann Hesse (vor allem wenn die Pubertät überwunden ist).


    Genau. Ich habe mich seinerzeit gegen die Schullektüre von "Unterm Rad" heftig gewehrt und geweigert, von diesem anbiedernden Quatsch mehr als 100 Seiten zu lesen. Später kamen mir immer mal wieder Gedichte und Aphorismen unter, die mir einen Kitschier nicht geringen Ausmaßes zeigten und endgültig jedes Lust austrieben, noch einmal freiwillig ein Hesse-Buch in die Hand zu nehmen.

  • Hm, Hesses "Siddharta" ist eines meiner absoluten Lieblingsbücher.
    Darin kann ich selber nichts Kitschiges oder Pubertäres entdecken, im Gegenteil, das Buch ist für mich voll von Offenbarungen.
    "Unterm Rad" konnte ich auch nicht so viel abgewinnen, aber da lag es wohl eher am Thema als an der Sprache.


    Goethe mag ich sehr gerne, aber was "Wilhelm Meisters Lehrjahre" angeht, da muss ich mich Sandhofer anschließen.
    Schrecklich, nie wieder! ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Dionne ()

  • Hallo,


    schon erstaunlich, wie viele Postings in so kurzer Zeit eingehen, wenn mal so richtig Dampf abgelassen werden kann.


    Da möchte ich dann doch nicht zurückstehen, und wenn H. Hesse schon genannt ist, sag ich mal so:


    Es gibt bei Hesse, wie bei vielen anderen auch, neben wirklich beglückendem auch jede Menge verzichtbares. Eine echte Warnung verdient der Demian; oder genauer: die letzten 4/5 der Erzählung. Ich konnte es nicht fassen: wie konnten die sagenhaften ersten 20, 25 Seiten zu so einem albernen Ende geführt werden? Jaja, hier spielt das Zeitempfinden einer in der Kriegskatastrophe verheizten Generation, oder wenigstens ihres empfindsamen Teils, einen Ausdruck. Ob das allerdings auf diese eigenartige Spökenkiekerei mit dem Zeichen auf der Stirn hinauslaufen musste...


    Gruß,


    Gronauer


  • Was soll dieses Top und Flop-Getue? Es sagt doch viel mehr über jeden von uns aus, über unsere Vorlieben, unseren Unverstand, unsere Ignoranz, als über die alten Meister, wenn wir hier Lob und Tadel verteilen.


    Liebe Leserin,


    warum so heftig? Ich behaupte mal einfach, dass uns allen bewusst ist, mit den "Urteilen" auch eigene Vorlieben und eigene Ignoranz zum Besten zu geben, was die Sache aber nicht zwingend verwerflich macht. Ich habe hier auch nichts gelesen, was derartig abwertend ist wie manches Urteil des berühmten Kritikers MRR.


    Ich finde diesen Ordner recht unterhaltsam, und das ist doch in der spröden Bücherwelt durchaus begrüßenswert, oder?


    Liebe Grüße


    Sir Thomas

  • Ach, heftig würde ich das nicht nennen. Ich finde mich eher zurückhaltend. Was ich hier im Forum alles so zu lese bekomme, vieles davon würde, wenn ich mir freien Lauf ließe, wirklich heftige Reaktionen bei mir hervorrufen. Aber ich zähme mich, denn wenn das Gegenüber bei einer Auseinandersetzung anonym bleibt, ist eine Verständigung und die Einordnung des Geschriebenen sehr viel schwerer. Aber grundsätzlich müssen Diskussionen über Literatur engagiert geführt werden, sonst ist es ein blosses Kaffeekränzchen, was ja auch ganz nett sein kann, nur mir reicht das eben nicht. Die Literatur hat es verdient, dass wir uns für sie engagieren. Sie ist kein Unterhaltungs-Medium, kein blosser Zeitvertreib, sondern eine lebenslage Schule und Richtschnur unseres Denkens und Fühlens.
    Viele Grüße
    Die Leserin


  • ... grundsätzlich müssen Diskussionen über Literatur engagiert geführt werden, sonst ist es ein blosses Kaffeekränzchen, was ja auch ganz nett sein kann, nur mir reicht das eben nicht. Die Literatur hat es verdient, dass wir uns für sie engagieren. Sie ist kein Unterhaltungs-Medium, kein blosser Zeitvertreib, sondern eine lebenslage Schule und Richtschnur unseres Denkens und Fühlens.


    Liebe Leserin,


    Engagement kann viele Formen annehmen, nicht nur die des akademischen Kolloqiums unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Wir sind hier im Internet - einem Massenmedium, dass (wie TV und Zeitungen) nicht elitär ist und deshalb immer auch unterhaltsam sein muss, um nicht im akademischen Nirvana zu versanden. Das kann man begrüßen oder verachten, je nach Standpunkt ...


    Schöne Pfingstgrüße


    Sir Thomas