November 2007 - Oliver Goldsmith: The Vicar of Wakefield


  • Aber definitiv.
    Wobei die Frage, inwieweit bzw. wie weit eine Frau gefallen ist, wenn eine dann nachher ungültige Ehe vollzogen ...
    :breitgrins: :redface:


    Da habe ich auch keine Ahnung. Was, wenn die Ehe nur eine Scheinehe gewesen wäre (wie man ja zuerst vermutet)?


    Wobei... dieser Verehrer von Olivia, der ja schon immer ein Auge auf sie geworfen hatte, hätte sich offensichtlich nicht daran gestört.




    Die gute Olivia ist die eitle der beiden Töchter. Und insofern bekommt sie, was sie verdient und vielleicht auch will, denn eigentlich findet sie so schlimmes schlussendlich an Mr. Thornhill ja gar nicht auszusetzen.


    Für Olivia wird es wohl tatsächlich ok gewesen sein. Eine andere Frau hätte vielleicht eher Probleme damit gehabt. Z.B. Arabella Wilmot. Aber für sie wäre es ja sowieso eine Vernunftehe gewesen bzw. eine Trotzhandlung, da sie ihren geliebten George nicht haben konnte (zumindest zum damaligen Zeitpunkt).




    Ich fände es ganz spannend zu wissen, was eine schon so lange goldsmithende Literaturwissenschaft zu alledem rausgekriegt hat.
    Wo in den Weitend es Web ist die höchstens 20-seitige Zusammenfassung? :breitgrins:


    Das würde mich auch interessieren. Vielleicht finden wir ja noch was...

  • Hallo liebe Vicar-Leser,


    ich habe Eure Leserunde mit großem Interesse verfolgt, u.a. weil der Vicar in „Dichtung und Wahrheit“ ja hochgelobt wird. In der Parallelleserunde mit finsbury hat sich nun für mich eine Frage ergeben, die Ihr mir sicher beantworten könnt:


    Goethe vergleicht die Familie seiner Friederike ja mit der literarischen Pfarrersfamilie. Am Ende des 10. Buchs, das vorwiegend in Sesenheim spielt, findet sich eine etwas alberne Verwechslungskomödie: Goethe tauscht seine Kleider mit dem Wirtssohn und wird sowohl von der Pfarrersfamilie als auch von den Bediensteten weidlich mit ihm verwechselt. Jetzt meine Frage: ist diese Szene einer Begebenheit aus dem „Vicar“ nachgebildet?


    Vielen Dank schon mal für Eure Antworten!


    Grüße
    Manjula

    [size=10px] "Kunst soll keine Schulaufgabe und Mühseligkeit sein, keine Beschäftigung contre cœur, sondern sie will und soll Freude bereiten, unterhalten und beleben, und auf wen ein Werk diese Wirkung nicht übt, der soll es liegen lassen und sich zu andrem wenden." [/size]

  • Hallo Manjula,


    vermutlich bezieht sich Goethe da auf die Person des Sir William Thornhill alias Mr Burchell. Sir William ist sehr reich und hat dadurch eher schlechte Erfahrungen mit seinen Mitmenschen gemacht, die ihn hauptsächlich wegen seines Geldes mögen. Er verkleidet sich deshalb als armer Mr Burchell, der durch die Gegend wandert und von den einfachen Leuten aufgenommen und verköstigt wird, die ihn alle sehr schätzen. Die jüngere Tochter des Vicars verliebt sich in ihn, und zwar nur seiner "inneren Werte" wegen, da sie ja nicht weiß, daß er reich ist.


    Sonst fällt mir momentan keine vertauschte Identität ein. Ich hoffe, das hilft dir weiter.


    Viele Grüße
    thopas

  • Jetzt meine Frage: ist diese Szene einer Begebenheit aus dem „Vicar“ nachgebildet?


    vermutlich bezieht sich Goethe da auf die Person des Sir William Thornhill alias Mr Burchell. [...] Sonst fällt mir momentan keine vertauschte Identität ein.


    Vor allem gibt es keine leichtfertig inszenierten ad-hoc-Kostüm-und-Verwechslungskomödien. Thornhill-Burchell, der inkognito reisende Gute und Reiche will mir eher als Standardfigur der Trivalliteratur erscheinen, während Goethe m.M.n. sein Leben lang von Maskenbällen und -zügen und Verwechslungskomödien fasziniert war - ob er nun welche für den Weimarer Hof inszenierte, in den Wahlverwandtschaften das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel hoch zwei demonstrierte oder im Faust II Umzüge integrierte ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo thopas und sandhofer,


    aha, doch kein Vorbild im Vicar. Mir erschien die Szene so romanhaft, dass ich dachte, in seiner Begeisterung für den Landprediger hätte sich Goethe hier bedient.


    Danke Euch beiden für Eure Antworten :winken:


    Viele Grüße
    Manjula

    [size=10px] "Kunst soll keine Schulaufgabe und Mühseligkeit sein, keine Beschäftigung contre cœur, sondern sie will und soll Freude bereiten, unterhalten und beleben, und auf wen ein Werk diese Wirkung nicht übt, der soll es liegen lassen und sich zu andrem wenden." [/size]

  • ....all our adventures were by the fireside, and all our migrations from the blue bed to the brown.


    Vielleicht weiß ja jemand, was es mit dem blauen und braunen Bett auf sich hat.


    Die Metapher scheint irgendwie Goldsmith zugeschrieben zu sein; ich habe sie soeben in einer Erzählung von Elisabeth Gaskell zitiert gefunden, Cousine Phyllis (1864).

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,


    endlich habe ich, natürlich in letzter Minute vor Ablauf der Ausleihfrist, das Nachwort des Vikars nochmals gelesen (Oxford Classics Taschenbuch). Dessen Autor schreibt, dass gerade die scheinbare Kunstlosigkeit (um falsche Erwartungen zu wecken) auf Satire hinweise. Vor allem im 2. Teil werden die gängigen literarischen Genres und Moden "unterminiert?" ("to subvert them"). Er nennt es eine ...deliberate confusion of almost every literary "type" that flourished in the period.
    Anders als in anderen Werken wird der Leser nicht gewarnt. Aber warum sollte man den Erzähler ernst nehmen, wenn er von Anfang an als inkonsistent, unlogisch und scheinheilig entlarvt wird?
    Ein erster Witz ist schon, dass er sich Vicar of Wakefield nennt. Denn erstens lebt er nur gerade 10 Seiten lang dort, und zweitens ist der Ort überhaupt nicht bukolisch, sondern in der Nähe einer heruntergekommenen (ehemals Militär-) Stadt.


    Als erste Beschreibung von englischem häuslichem/ländlichem Leben (z.B. Beginn 5. Kap.) wurde das Buch offenbar geschätzt, ebenso aus moralischen Gründen: man sah es als Beispiel für Trost und Erbauung durch Religion.


    Herzliche Grüsse, Maja