amerikanische Literatur

  • Hallo Venus,


    meine ganz persönlichen US-amerikanischen Top 5 lauten:


    + Charles Bukowski: "Das Schlimmste kommt noch"
    + Norman Mailer: "Die Nackten und die Toten"
    + Truman Capote: "Kaltblütig"
    + Cormac McCarthy: "Die Abendröte im Westen" und "Draußen im Dunkel" (ich kann mich nicht entscheiden, daher führe ich beide Werke auf)
    + William Faulkner: "Die Freistatt".


    Von A. Miller kenne ich nur "Tod eines Handlungsreisenden" (nicht schlecht!), John Steinbeck gehört (noch) nicht zu meinen Lieblingsamis.


    Viele Grüße


    Sir Thomas

  • Hallo, Klassikfreund,


    Poe und Melville hatte ich auch auf meiner Liste. Letztlich habe ich mich jedoch auf das 20. Jahrhundert konzentriert, weil ich der Meinung bin, dass Poe und Melville eher in die europäische Tradition (Romantik bzw. Naturalismus) eingereiht werden können. Aber das ist nur meine private und ganz und gar unwissenschaftliche Meinung ... :zwinker:


    Liebe Grüße


    Sir Thomas

  • Hallo !


    Ich kenne nicht viele amerikanische Schriftsteller, aber Thomas Wolfe "Schau heimwärts, Engel" hat mir schon sehr gut gefallen, ebenso natürlich Melville. Von Upton Sinclair's "Der Dschungel" war ich in meiner Jugendzeit sehr begeistert, auch die Erzählungen von Fitzgerald finde ich gut, besser als "Der große Gatsby".


    Faulkners "Freistatt" habe ich erst kürzlich gelesen, die Verzweiflung und die Ausweglosigkeit waren zwar sehr gut geschildert, aber die Figur der Temple ist mir zu schwach und hilflos. Auch der Stil mit den vielen Andeutungen und die verschiedenen Blickwinkel haben mich eher genervt, für mich war keine der Figuren richtig nachvollziehbar.
    Im Vergleich dazu gefiel mir der Roman von Stewart O'Nan "Engel im Schnee", für den er ja den William-Faulkner-Preis erhielt und der ebenfalls Gewalt und Hilflosigkeit thematisiert, besser.


    Gruß von Steffi


  • Faulkners "Freistatt" habe ich erst kürzlich gelesen, die Verzweiflung und die Ausweglosigkeit waren zwar sehr gut geschildert, aber die Figur der Temple ist mir zu schwach und hilflos. Auch der Stil mit den vielen Andeutungen und die verschiedenen Blickwinkel haben mich eher genervt, für mich war keine der Figuren richtig nachvollziehbar.
    Im Vergleich dazu gefiel mir der Roman von Stewart O'Nan "Engel im Schnee", für den er ja den William-Faulkner-Preis erhielt und der ebenfalls Gewalt und Hilflosigkeit thematisiert, besser.


    Hi Steffi,


    Deine Anmerkungen zur "Freistatt" kann ich sehr gut nachvollziehen. Es ist anstrengend, sich durch die vielfach nur angedeutete Handlung und die nicht immer schlüssigen Figuren zu wühlen, aber ich mag anstrengende Bücher ... :klatschen:
    Was ich an Faulkner schätze ist weniger die reine Handlung als vielmehr die spezielle Atmosphäre des amerikanischen Südens, die sich durch sein gesamtes Werk zieht. Bedrückung, Angst, Gewalt, Verdrängung, Männlichkeitswahn, Kriminalität: All dies schildert Faulkner auf eine Art und Weise, die sehr subtil ist und gerade dadurch umso stärker wirkt.


    Viele liebe Grüße


    Sir Thomas


  • Was ich an Faulkner schätze ist weniger die reine Handlung als vielmehr die spezielle Atmosphäre des amerikanischen Südens, die sich durch sein gesamtes Werk zieht. Bedrückung, Angst, Gewalt, Verdrängung, Männlichkeitswahn, Kriminalität: All dies schildert Faulkner auf eine Art und Weise, die sehr subtil ist und gerade dadurch umso stärker wirkt.


    Hallo Sir Thomas !


    Jetzt, wo du das erwähnst, fällt mir auf, dass sich die Personen wohl doch eher als Metaphern oder als absichtlich provokative Strukturen erfahren lassen. Unter diesem Gesichtspunkt treten dann auch die starken Emotionen deutlicher hervor, die sich sehr stark von rationalen Überlegungen abgrenzen. Auch der Anwalt, der ja eigentlich für Struktur und Nachvollziehbarkeit steht, wird bzw. ist in diesen emotionalen Wirrwarr hineingezogen. So betrachtet, macht es für mich einen Sinn !


    Schön, so ein kleiner Austausch und schon geht das Licht auf ! :zwinker:


    Gruß von Steffi

  • Hallo,


    sehr gerne gelesen habe ich:


    William Faulkner: "Licht im August"
    Henry Miller: "Wendekreis des Krebses", "Der klimatisierte Alptraum"
    Hemingway: "Fiesta" und "Das kurze glückliche Leben von Francis Macomber"
    Philip Roth: "Mein Leben als Sohn", "Das sterbende Tier"


    Zu Faulkner habe ich hier ja schöne Anregungen bekommen.
    Kennt zufällig jemand die short stories von Harold Brodkey ? Die möchte ich gerne lesen, ebenso Raymond Carver; plane auch Denis Johnson-Lektüre.


    Da gibt es noch so einiges, was ich nicht kenne.


    Liebe Grüße
    mombour

  • Hallo allerseits,


    ich möchte John Dos Passos "Manhattan Transfer" anführen, den ich vor kurzem las.


    Und da wir hier im nicht-klassischen Genre sind, erwähne ich noch Raymond Chandler. Ist zwar schon sehr lange her, daß ich seine Romane las, er fällt mir aber deshalb ein, weil ich kürzlich "Tote schlafen fest" mit Humphrey Bogart und Lauren Bacall sah!


    Gruß


    josmar

  • @ josmar


    Raymond Chandler zählt meiner Meinung nach längst zu den Klassikern des 20. Jahrhunderts. Seine Marlowe-Romane (z.B. "The Big Sleep" [1939] und "The Long Goodbye" [1954]) sind mehr als reine Krimi- oder Detektivgeschichten. Vielmehr handelt es sich um Chandlers Abrechnung mit der blühenden Korruption und dem Verfall der Moral im sunshine state Kalifornien. SEHR LESENSWERT, auch heute noch! Und natürlich unerreicht von zahlreichen Epigonen, zu denen auch der gar nicht mal so schlechte Ross MacDonald mit seinem Detektiv Lew Archer gehört (z.B. "Unter Wasser stirbt man nicht").


    Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang Dashiell Hammett, der bereits 1930 den Detektiv Sam Spade ("Der Malteser Falke") erfunden hat - einen Vorläufer Philip Marlowes.


    Es grüßt


    Sir Thomas

  • Hallo Sir Thomas,


    völlig einverstanden.
    Nur wurde bislang, abgesehen von einigen "Ausnahmen" über die "hohe" Literatur diskutiert.


    Gerade die von Ihnen angeführten Beispiele gehören auch für mich zu den Klassikern!
    Interessant ist für mich in diesem Zusammenhang, daß gerade der Krimi, soweit mir bekannt, im angelsächsischen Bereich einen ganz anderen Stellenwert im Literaturbetrieb hat. In unseren Breitengraden eigentlich nicht anerkannt. Langsam, so scheint es mir, ändert sich diese Einstellung; auch aufgrund zB so rühriger Verlage wie "Grafit", die ausschließlich Krimis verlegen.


    Ross MacDonald gehört für mich ebenfalls zu den Klassikern in diesem Genre. Nicht unerwähnt bleiben sollte Patricia Highsmith!


    Gruß
    josmar

  • Hallo Josmar!


    Die Deutschen und der Krimi sind in der Tat eine seltsame Verbindung eingegangen. Ob die Krimis aus dem Grafit-Verlag an der Akzeptanz des Genres etwas geändert haben, ist mir nicht bekannt. Ich habe vor geraumer Zeit den einen oder anderen Roman aus dieser Serie gelesen - ohne großen Nachhall.


    Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, das es zwei Schweizer Autoren waren, die sich schon sehr früh um den Kriminalroman im deutschsprachigen Raum verdient gemacht haben: Friedrich Glauser mit seiner Kommissar Studer-Serie in den 30er Jahren und Friedrich Dürrenmatt mit seinen Romanen um den Kommissär Bärlach ("Der Richter und sein Henker" sowie "Der Verdacht"). Glauser hat zum Kriminalroman einige interessante Anmerkungen hinterlassen und sich nebenbei als großer Fan des Kommissars Maigret geoutet. Leider habe ich die Fundstelle nicht parat ...


    Du (das "Sie" ist mir ein bissel zu steif ... :smile:) erwähnst Patricia Highsmith - eine sehr interessante Autorin, die ich allerdings eher der europäischen "Tradition" zuordne. Mit den Detektivstories Chandlers, Hammetts und MacDonalds haben ihre Krimis meiner Meinung nach nicht viel zu tun. Mehr Psychologie, mehr Eintauchen in die Welt der Handelnden etc. sind Stilmittel, die heute noch von Krimiautoren wie Henning Mankell u.a. benutzt werden (Mankell und sein Kommissar Wallander sind übrigens nicht mein Fall).


    Schön, sich mal über den Krimi, das "Schmuddelkind" der Literatur, austauschen zu können ... :breitgrins: Leider schreibe ich damit am Thema dieses Ordners ("Amerikanische Literatur") vorbei ... :redface:


    Liebe Grüße


    Sir Thomas


  • erwähnst Patricia Highsmith - eine sehr interessante Autorin, die ich allerdings eher der europäischen "Tradition" zuordne. Mit den Detektivstories Chandlers, Hammetts und MacDonalds haben ihre Krimis meiner Meinung nach nicht viel zu tun. Mehr Psychologie, mehr Eintauchen in die Welt der Handelnden etc. sind Stilmittel, die heute noch von Krimiautoren wie Henning Mankell u.a. benutzt werden (Mankell und sein Kommissar Wallander sind übrigens nicht mein Fall).


    Das kann ich gut verstehn.


    Aber wenn wir schon in der Ecke sind, Margaret Millar nicht vergessen, deren Romane weit rausreichen sowohl über den Hardboiled Detective, wie auch insgesamt über das meiste an Kriminalliteratur ihrer Zeit.
    Wir können sie als amerikanische Autorin bezeichnen, obwohl in Kanada geboren.


    Die älteren Romane, die ich von ihr kenn, sind klassische Darstellungen amerikanischen Mittelstandslebens, subtil inszenierte Vorstadtdramen voll böser Ironie.
    Sie war übrigens die Frau von Ross MacDonald.
    Der eigentlich Kenneth Millar hieß.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)


  • Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang Dashiell Hammett, der bereits 1930 den Detektiv Sam Spade ("Der Malteser Falke") erfunden hat - einen Vorläufer Philip Marlowes.


    Nix mit Vorläufer.
    Hammett war der große Neuerer. Und Chandler kam nach.
    :wink:


    Wir hätten außerdem noch W.R. Burnett (Asphaltdschungel, High Sierra u.a.) und David Goodis.
    Und, nur unter sehr erweitertem Begriff Kriminalliteratur, eher Roman Noir, oder was auch immer:
    Cornell Woolrich.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Ist jetzt OT, aber:


    Friedrich Glauser mit seiner Kommissar Studer-Serie in den 30er Jahren


    Wachtmeister ;) ... Studer, wenn ich mich recht erinnere, musste den Dienst bei der Berner Stadtpolizei, wo er tatsächlich den Rang eines Kommissars innehatte (oder ein Äquivalent dazu) quittieren, weil er anfing, politisch motivierte Verbrechen auf die tatsächlichen Urheber zurückzuführen. Er trat dann der Berner Kantonspolizei bei (es mag aber auch umgekehrt gewesen sein: vom Kanton zur Stadt), wo er es nie mehr weiter brachte als bis zum Wachtmeister ... :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • @ sandhofer


    Au weia, die Sache mit dem "Wachtmeister Studer" ist natürlich völlig korrekt! Aber das sollten wir im Ordner "Amerikanische Literatur" besser nicht weiter verfolgen, oder? :smile:


    Liebe Grüße


    Sir Thomas

  • Eine Frage an das kundige Forum: Unter den amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts ist John Steinbeck, obwohl er ein ganz Großer war, für mich ein unbeschriebenes Blatt. Welcher Titel ist als Einstieg Eurer Meinung nach am ehesten geeignet? Die großen Wälzer "Früchte des Zorns" bzw. "Jenseits von Eden" oder besser die "kleineren" Sachen ("Tortilla Flat", "Von Mäusen und Menschen", "Straße der Ölsardinen")?


    Auf Eure Tipps freut sich


    Sir Thomas

  • Sir Thomas


    Eine interessante Diskussion; allerdings OT.
    Der Administrator wird uns ggfls. an die richtige Stelle schieben!
    Kurz noch einmal zu den Krimis im Grafit-Verlag. Dort, so finde ich, findet man mit Jacques Berndorff schon einen interessanten Autor; da ich mal einige Zeit in der Eifel zugebracht habe, ist insbesondere die Schilderung der Landschaft schon gelungen. Weiterhin fiel mir Horst Eckert auf; allerdings, kennt man Chandler, so weiß man schnell, woher sein Schreibstil kommt!



    Ich denke schon, daß die Krimilandschaft in Deutschland in Bewegung geraten ist. Aus der Ecke der nicht ernst zu nehmenden Literatur dürfte der Krimi raus sein!


    Die beiden Krimis von Dürrenmatt sind mir auch eingefallen, muß allerdings gestehen, daß ich sie nicht gelesen habe! Mit Glauser habe ich mich, was die Krimis anging schwer getan, dh, ich habe sie nicht zu Ende gelesen. Fasziniert hat mich hingegen Glausers Roman "Gourrama". Das Buch über seine Erlebnis in der Fremdenlegion.


    sandhofer
    Tatsächlich, Margaret Millars "Liebe Mutter mir geht es gut" kann mit Recht als Klassiker der Krimiliteratur angesehen; vielen Danke für die Hinweise, ich denke ein erneutes Lesen könnte nicht schaden.


    Sir Thomas


    John Steinbeck "Straße der Ölsardinen" habe ich vor kurzem gelesen. Wie soll ich es formulieren? "Umgehauen" hat mich der Roman nicht, in Erinnerung geblieben sind mir die liebevollen Detailschilderungen. Ich glaube ich habe es nicht so unbedingt mit den amerikanischen Autoren. John Irving "Hotel New Hampshire" fand ich vor gut 20 Jahren noch recht nett; "Garp" habe ich später in die Ecke gelegt.


    Besser gefallen haben mir die Autoren die zB Science-Fiction geschrieben haben; nennen möchte ich J.G. Ballard und Norman Spinrad. Aber auch die SF-Literatur hat wohl im angelsächsischen Raum eine andere Bedeutung und einen anderen Stellenwert. In Deutschland nun nicht unbedingt "salonfähig".


    Vielen Dank, bis hier hin, für den Gedankenaustausch!


    Gruß
    josmar