• Hallo zusammen,


    ich bin auch neu und hier ein paar Fakten zu meiner Person, damit Ihr in den Diskussionen gezielter über mich herfallen könnt. :zwinker:


    Bin seit wenigen Monaten in dem Lebensalter angekommen, das man als "middle aged" bezeichnet. Lesetechnisch bedeutet das wohl, daß ich schon ein bißchen was gelesen habe (natürlich längst nicht genug...) und zugleich auch nicht mehr mit jedem Trend zu beeindrucken bin. Von Beruf bin ich Geisteswissenschaftler (Geschichte, Theologie, ein bißchen Literaturwissenschaft) und schlage mich heute mit den Elaboraten anderer Menschen herum: Ich bin Lektor in einem geisteswissenschaftlichen Verlag. Ich lebe in London und brauche daher gelegentlich ein bißchen länger, um an den dt. Stoff zu kommen. :zwinker:


    Meine Hauptinteressen sind (surprise surprise) Literatur, Geschichte und Theologie.


    Am liebsten lese ich deutsche, britische und slavische Literatur mit gelegentlichen Ausflügen nach Skandinavien oder in die romanischen Länder (Frankreich ist allerdings wirklich ein blinder Fleck auf meiner literarischen Landkarte ...)


    Meine all time favourites sind so grob:


    Moritz, Anton Reiser
    Kleist
    Wilhelm Raabe (leider leider sehr unterschätzt!)
    Theodor Fontane (Vor dem Sturm ist der größte deutsche Roman!)
    Thomas Mann
    Kafka
    Hamsun
    Nabokov
    Dostojevskij
    Tschechow
    Laurence Sterne
    George Eliot
    Joyce
    auch moderne Iren, wie etwa John Banville oder Robert McLiam Wilson


    ... ein bißchen eklektisch, aber mehr werden wir hoffentlich im Laufe vieler Diskussionen ausloten.


  • ich bin auch neu und hier ein paar Fakten zu meiner Person, damit Ihr in den Diskussionen gezielter über mich herfallen könnt. :zwinker:


    Gerne, steh ich drauf. :wink:


    Zitat


    Bin seit wenigen Monaten in dem Lebensalter angekommen, das man als "middle aged" bezeichnet.


    Ich bin auch so ein Fossil. Fühl dich also nicht alleine ... :wink:


    Zitat


    Meine all time favourites sind so grob:
    ..................


    Wilhelm Raabe (leider leider sehr unterschätzt!)


    Mag sein, dass da was dran ist. Ich hatte letztes Jahr mal "Stopfkuchen" angefangen, leider blieb der Roman dann liegen.
    Fand es überraschend gut geschrieben.
    Inwieweit ich gewisse Auslassungen in puncto afrikanische Ureinwohner als zeitbedingt hinnehme, muss ich mir noch überlegen ... :wink:


    Zitat


    Theodor Fontane (Vor dem Sturm ist der größte deutsche Roman!)


    Echt?? Warum? Also, DAS interessiert mich wirklich.


    Gruß
    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Hallo!


    Wilhelm Raabe (leider leider sehr unterschätzt!)


    Da kann ich Dir nur zustimmen; auch wenn Du hier doch zwei oder drei Liebhaber finden wirst. Und Du erinnerst mich wieder daran, dass ich seit langem Abu Telfan lesen wollte ...


    Mag sein, dass da was dran ist. Ich hatte letztes Jahr mal "Stopfkuchen" angefangen, leider blieb der Roman dann liegen.
    Fand es überraschend gut geschrieben.
    Inwieweit ich gewisse Auslassungen in puncto afrikanische Ureinwohner als zeitbedingt hinnehme, muss ich mir noch überlegen ... :wink:


    Ich muss Dir als erfahrenem Leser ja nicht sagen, dass diese Aussagen nicht dem Autor Raabe anzukreiden sind, sondern dem Ich-Erzähler. Und von daher haben sie auch eine ganz bestimmte Funktion im Laufe der Geschichte.


    Stopfkuchen ist für mich eines der grossen Leseerlebnisse überhaupt. Vielleicht sogar der beste deutschsprachige Roman. :zwinker: Jedenfalls habe ich selten einen Roman gelesen, der so präzise und ins Detail konstruiert worden ist, ohne dass man ihm diese Mühe anmerkt.


    Frankreich ist allerdings wirklich ein blinder Fleck auf meiner literarischen Landkarte ...


    Da hast Du allerdinges meiner Meinung nach einiges verpasst: Rabelais, Montaigne, Montesquieu, Molière, Voltaire, Diderot ..... :herz:


    ... ein bißchen eklektisch, aber mehr werden wir hoffentlich im Laufe vieler Diskussionen ausloten.


    Ach, Eklektiker sind wir ja letzten Endes alle hier ... Amateure (im guten Sinn: Liebhaber!) ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Echt?? Warum? Also, DAS interessiert mich wirklich.


    Ein persönlicher Eindruck.


    Für mich ist dieses Buch ein ganz besonders gelungenes Beispiel eines Gesellschaftspanormas des preußischen Landadels am Beginn des 19. Jahrhunderts. Fontane gestattet sich in diesem Buch eine epische Breite, die die anderen Bücher nicht haben (im Ansatz vielleicht der Stechlin). Die Anschauungen und Verhältnisse der Protagonisten werden mit ruhiger Hand erzählt. Nichts an diesem Buch ist aufdringlich oder inhaltlich überbetont. Spätere Romane, die ebenfalls als Gesellschaftsromane gelten können, haben diese Ausgewogenheit häufig schon verloren und zugunsten irgendeines Elementes, einer Überzeichnung oder einer Botschaft aufgegeben.


    Hinzu kommt natürlich der wunderbar dosierte Fontane'sche Humor. Man merkt sofort, bei wem Thomas Mann in die Schule gegangen ist, ohne das leicht ironische Maßhalten von Fontane zu übernehmen. Thomas Mann ist drastischer in seinen Mitteln, aber die Wurzeln findet man bei Fontane.


    Trotz des Humors und der epischen Breite hat das Buch eine Authentizität, die so stark ist, daß man es als historische Quelle nutzen könnte. Während man die meisten literarischen Werke als Kunstprodukte als Ausdruck von Zeitstimmungen und gesellschaftlichen Zuständen heranziehen kann, kann man bei diesem Buch Fontanes den Inhalt, die Figuren selbst, ihre Empfindungen und Ideen als historisch authentisch bezeichnen. Das findet man sonst kaum in der deutschen Literatur, und das finde ich so bemerkenswert.

  • Ein persönlicher Eindruck.


    Hallo JHN,
    das ist mal eine präzise, gut durchdachte und aufgeschriebene Kritik !! :blume:
    Mal unabhängig davon, ob es nun tatsächlich der größte deutsche Roman ist. :wink:


    Ich hatte nie ein besonderes Verhältnis zu Fontane. Ein paar der bekannten Romane gelesen, als ich noch sehr jung war, und später ab und an mal in was reingeschaut.
    So ist es bei mir überhaupt mit den deutschsprachigen Autoren aus der Ecke bürgerlicher Realismus des 19. Jahrhunderts.
    Mit Raabe auch, mit C.F. Meyer, mit Keller.
    Hatte mir ja schon bei Raabe vorgenommen, das mal zu überprüfen :wink:; bei Storm bin ich inzwischen dabei.


    Wie es zufällig kommen kann, hatte ich "Vor dem Sturm" letztens in einer Ramschbuchhandlung liegen sehen, Insel-Taschenbuch.
    Vielleicht ist es ja noch da.


    Wenn nur nicht der ewige Zeitmangel wär ...


    Gruß
    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Hallo JHNewman,


    willkommen im Klassikerforum!


    Den Stopfkuchen habe ich auch gerade durch und sehr lange daran gelesen, da er mein "Metrobegleiter" war und ich in meinen Metrofahrten darin las. Ein schönes Buch und oft denke ich, dass Raabe die Figur des Stopkuchen eigentlich sehr mochte und mit sehr viel menschlichen Gaben ausstattete und viel schriftstellerische Liebe mit auf den Weg gab. Man muss ihn, was die afrikanischen Aussagen betrifft wohl auch im zeitgeistlichen Kontext lesen. Sonst fiel mir nichts negatives auf. Sicher war Stopfkuchen auch ein Gegenentwurf Raabes auf den Zeitgeist. Ein wenig erinnert mich das an Theodor Storm...


    Ansonsten sind meine literarischen Lücken sehr groß, wenn ich auf deine Lieblingsliste schaue...


    Nochmals willkommen und ich freue mich auf Anregungen.


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10