Juni 2006: Nikos Kazantzakis - Alexis Sorbas

  • Hallo zusammen,


    mich beschäftigt noch etwas: Das Buch wird ja zum Schluss etwas brutaler, der Tod mischt mit. Warum? Wollte sich der Autor nach und nach seiner Figuren "entledigen" oder hatte die Szene, in der die Witwe getötet wird einen Bezug zu Sorbas' früherem Leben? Oder interpretier ich viel zu viel rein? :zwinker:


    Gruß, Monolith

  • mich beschäftigt noch etwas: Das Buch wird ja zum Schluss etwas brutaler, der Tod mischt mit. Warum? Wollte sich der Autor nach und nach seiner Figuren "entledigen" oder hatte die Szene, in der die Witwe getötet wird einen Bezug zu Sorbas' früherem Leben? Oder interpretier ich viel zu viel rein? :zwinker:


    Hallo Monolith und alle,


    ich denke, dass beides, die Nacht bei der Witwe und ihr Tod, die sozialdarwinistisch angehauchte Denkweise, die hinter dem Roman steht, hier in ihren Extremen ausgedrückt werden soll.
    Sexualitiät - denn nichts anderes motiviert die Nacht bei der Witwe - und (auch gewaltsamer) Tod sind Zeichen des prallen Lebens, das sich selbst - jenseits schwacher moralischer Gesetze bei degenerierten Denkern - in ursprünglichen Gesellschaften wie diesem griechischen Dorf immer wieder regeniert. Auch das Verhalten der Dörfler nach dem Tod Mme. Hortenses ist ein Beispiel dafür.
    Das scheint mir die Botschaft zu sein, die der Autor transportieren will und die mir so gegen den Strich geht.


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)

  • Hallo,


    Auch das Verhalten der Dörfler nach dem Tod Mme. Hortenses ist ein Beispiel dafür.


    Meinst du, dass sie bei einem gebürtigen Dörfler auch so reagiert hätten?


    Aber wenn der Autor die Grausamkeit des Menschen in den Vordergrund rücken wollte (besonders zum Ende hin), warum brachte er dann Sorbas' Verbrechen, die er vor etlichen Jahren begangen hatte, ein? Wollte er dem Charakter Alexis Sorbas einen neuen/anderen Zug geben, oder wollte er zeigen, das jeder Mensch, egal, wie er heute ist, Verbrechen begangen hat und das der Ich-Erzähler eine Ausnahme bildet?


    HG, Monolith

  • Hallo Monolith

    Meinst du, dass sie bei einem gebürtigen Dörfler auch so reagiert hätten?


    Ja, wenn er keine Angehörigen gehabt hätte.


    Zitat von "Monolith"


    Aber wenn der Autor die Grausamkeit des Menschen in den Vordergrund rücken wollte (besonders zum Ende hin), warum brachte er dann Sorbas' Verbrechen, die er vor etlichen Jahren begangen hatte, ein? Wollte er dem Charakter Alexis Sorbas einen neuen/anderen Zug geben, oder wollte er zeigen, das jeder Mensch, egal, wie er heute ist, Verbrechen begangen hat und das der Ich-Erzähler eine Ausnahme bildet?


    Ich denke, dass der Autor Sorbas als "weiter entwickelt" darstellt: Er hat zwar Menschen getötet, ist aber darüber hinaus, es für idealistische Interessen zu machen, wie z.B. fürs Vaterland. Dass er dennoch das Leben von Menschen bewusst aufs Spiel setzt, zeigt seine Anregung, dass Kloster in Brand zu setzen. Für Mord hat er Verständnis, wenn er aus archaischen Gefühlen entspringt, deshalb versöhnt er sich mit dem Fast-Mörder der Witwe, was auch der Ich-Erzähler billigt. Dieser stimmt also mit den AnsichtenSorbas' überein.


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)